Junges Vermögen lässt Erben alt aussehen
Der Bundesfinanzhof legt den Katalog des "jungen Betriebsvermögens" weit aus – zum Nachteil von unternehmerischen Erben. Zum Hintergrund: Die Übertragung von Betriebsvermögen kann nach sehr komplizierten gesetzlichen Regelung ganz oder teilweise von der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer befreit sein. Das Verschonungssystem für unternehmerisches Vermögen sieht vereinfacht dargestellt so aus: Das Vermögen des Unternehmens wird zunächst in zwei Oberkategorien aufgeteilt:
- In das sog. „begünstigte Vermögen“. Das Gesetz versteht darunter in etwa das Produktivvermögen, also jenes Vermögen, das dem Betrieb des Unternehmens dient. Der begünstigte Teil des Betriebsvermögens kann unter bestimmten Voraussetzungen zu 100% steuerfrei gestellt werden.
- Daneben steht das sog. „Verwaltungsvermögen“. Hierunter fallen z. B. vermietete Immobilien, Beteiligungen an Kapitalgesellschaften unter 25%, Kunst, Bargeld, Wertpapiere sowie Forderungen.
Komplizierte Berechnung des Verwaltungsvermögens
Das Verwaltungsvermögen durchläuft eine komplizierte Berechnung. In diesem Rahmen werden Schulden verrechnet und besondere Abschläge (Umqualifizierungen in begünstigtes Vermögen) vorgenommen. Der nach diesen Berechnungen verbleibende Teil des Verwaltungsvermögens unterliegt in vollem Umfang der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Er wird also von dem Verschonungssystem ausgenommen.
Im Rahmen dieser Berechnung spielt das sog. „junge Verwaltungsvermögen“ eine besondere Rolle. Alle Vermögensgegenstände, die zum eben skizzierten Katalog des Verwaltungsvermögens gehören und dem Betrieb weniger als zwei Jahre „zuzurechnen“ sind, werden separiert. Sie werden weder mit Schulden verrechnet, noch in begünstigtes Vermögen umqualifiziert. Im Gegenteil: Sie unterliegen ausnahmslos und in vollem Umfang der vollen Besteuerung.
Finanzverwaltung setzt sich mit Auffassung durch
Der BFH qualifizierte das junge Betriebsvermögen jetzt in mehreren Urteilen ganz im Sinne der Finanzverwaltung. Zum erbschaftsteuerlich bzw. schenkungsteuerlich nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögen gehört jedes einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre vor dem Stichtag durchgehend im Betriebsvermögen befand. Es ist keine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen. Auf die Herkunft des Vermögensgegenstands oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an.
- Junges Verwaltungsvermögen liegt unstreitig vor, wenn der Unternehmer innerhalb von zwei Jahren vor der Übertragung des Unternehmens von außen, z.B. aus dem Privatvermögen, Barmittel in das Unternehmen eingelegt hat.
- Zum jungen Verwaltungsvermögen gehört aber auch Verwaltungsvermögen, das innerhalb dieses Zeitraums aus betrieblichen Mitteln angeschafft oder hergestellt worden ist.
- Es liegt nach den Urteilen auch bei einem sog. Aktivtausch vor; also wenn der Unternehmer z.B. aus schon länger als zwei Jahre im Unternehmen vorhandenen Barmitteln innerhalb von zwei Jahren vor der Übertragung des Unternehmens neues Verwaltungsvermögen anschafft.
- Junges Verwaltungsvermögen liegt auch bei einer sog. Umschichtung vor: wenn der Unternehmer seit mehr als zwei Jahren Wertpapiere in seinem Unternehmensvermögen hatte, diese aber nun innerhalb von zwei Jahren vor der Unternehmensübertragung veräußert und davon neue Wertpapiere anschafft (z.B. Umschichtung des vorhandenen Aktienvermögens).
- Auch wenn ein Unternehmen A auf ein anderes Unternehmen B verschmolzen wird und Anteile des Unternehmens B innerhalb von zwei Jahren nach der Verschmelzung übertragen werden. Dann gilt das vom Unternehmen A bei der Verschmelzung übernommene Verwaltungsvermögen als junges Vewaltungsvermögen des Unternehmens B, so der BFH.
Fazit: Der BFH entschied zwar noch zum alten Erbschaftsteuergesetz 2009. Aber auch nach dessen Reform sieht das aktuelle Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz die Kategorie des sog. „jungen Verwaltungsvermögens“ vor. Die Urteile schlagen daher auch auf die aktuelle Gesetzeslage durch.
Urteile: BFH II R 8/18, II R 13/18, II R 18/18, II R 41/18