Hier können Sie zwischen der Ansicht für Geschäftskunden und Privatkunden wechseln.
Informationen und qualifizierte Einschätzungen zu Chancen und Risiken
030-288 817-20
Geschäftskunde
Privatkunde
0,00 €
4455
Das Bundesverfassungsgericht handelt richtig

Falsche Versprechen

Politik in Europa für Europa zu machen, ist nicht einfach. Es geht stets um Kompromisse und kleine und große Unwahrheiten, um politisch ans Ziel zu gelangen. Manchmal wird die Politik jedoch von falschen Versprechungen wieder eingeholt. Wie gerade im Falle des Urteils des Bundesverfassungsgerichts gegen die Geldpolitik der EZB. Ein Kommentar von FUCHBRIEFE-Chefredakteur Ralf Vielhaber.

Historische Momente wirken nach. Sie bleiben fest im Gedächtnis eines Volkes verankert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat es anlässlich des 75. Jahrestages des Kriegsendes so formuliert: „Es gibt kein Ende des Erinnerns. Es gibt keine Erlösung von unserer Geschichte.“ Die aber umfasst noch mehr Ereignisse von historischer Tragweite.

Ein Schritt mit Folgewirkung war die Abschaffung der D-Mark. Die D-Mark war mehr als ein schnödes Zahlungsmittel. Sie hatte in Deutschland Symbolkraft. Sie stand für den Neuanfang, das Wirtschaftswunder, war ein Wohlstandsversprechen. Deshalb machte die Politik bei ihrer Abschaffung speziell den Deutschen einige Zugeständnisse. Versprechen, von denen sie wissen musste, dass sie eines Tages auf den Prüfstand gestellt werden würden.

Das Stabilitätsversprechen erfüllt?

Dazu gehörte das Stabilitätsversprechen. Wer will, kann es als erfüllt ansehen: Die Inflationsrate im Euro liegt seit seiner Einführung im Schnitt unter den von der EZB angestrebten 2%.

Wer unter dem Stabilitätsversprechen jedoch auch die Stabilität der europäischen Finanzarchitektur versteht, wird nicht behaupten, dass es eingehalten wurde.

Zusicherung solider Finanzen

Ein Bestandteil war die Zusicherung solider Finanzen in Europa. Das wurde schon nach wenigen Jahren mit tatkräftiger Unterstützung der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder abgeschafft.

Dazu gehört aber auch die Versicherung, dass jedes Land im Euro weiter für seine Schulden aufkommen muss. Dies ist sogar in den Europäischen Verträgen verankert. Dies steht schon lange infrage, seit die Europäische Zentralbank die Schulden der Eurostaaten ankauft.

EuGH erteilt EZB Freibrief

Juristisch schien das Thema geklärt: par ordre de Mufti, durch den Europäischen Gerichtshof. Er gab der EZB 2018 einen Freibrief. Er hätte auch sagen können: Was stört mich das Geschwätz von gestern, erst recht das von deutschen Politikern.

Nun: Andere stört es. Es gibt immer noch eine deutsche Verfassung, das Grundgesetz. Wer sich als Bürger dieses Landes in seinen Grundrechten beeinträchtigt sieht, kann in Karlsruhe klagen. Und nur dadurch, dass die Beeinträchtigung von Brüssel oder Frankfurt ausgeht, wird sie nicht automatisch legitimiert.

Bundesverfassungsgericht hält dagegen

Jetzt ist das Bundesverfassungsgericht – nach etlichen Warnschüssen – den Freibrief-Europäern in die Parade gefahren. Und schon ist das Geschrei groß. Wie kann es ein nationales Gericht nur wagen? Und welches Vorbild gibt man da den anderen Europäern? Den Polen, den Ungarn? Sollen die sich etwa auch auf ihre nationalen Verfassungen berufen dürfen?

Die Überlegung zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland durch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wirkt auf mich vor dem oben dargestellten Hintergrund wie ein Treppenwitz der Geschichte. Wie hatte es der vormalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker formuliert, als Paris immer wieder die Haushaltsregeln verletzte? Frankreich ist eben Frankreich. Nun: Deutschland ist eben Deutschland. Und Art. 23 des Grundgesetzes erlaubt es, dem Anwendungsvorrang des Europarechts Grenzen zu setzen.

Aus Blau mach Grün

Was beim Euro passiert, ist ein Lehrstück europäischer Staatskunst – die mit ihren Winkelzügen zunehmend an Grenzen stößt. Man verspricht bei Gemeinschaftsprojekten zunächst das Blaue vom Himmel, in jedem Land ein wenig anders, und biegt und beugt dann, bis aus Blau Grün wird. Das verkauft man dann als europäischen Kompromiss, gegen den sich bitte niemand empören oder gar wehren soll, denn dann stellt er ja Europa infrage und damit den Frieden. So war es auch beim Euro.

Fazit: Man kann den Verfassungsrichtern nicht vorwerfen, dass sie das den Europäern gerade klarmachen. Wer darüber meckert, argumentiert mindestens geschichtsvergessen. Herzlich grüßt Ihr Ralf Vielhaber

Und jenseits aller Juristerei (die in Luxemburg oft sehr eigene Wege geht) sollte man nicht vergessen: Der EuGH ist ein König ohne Reich, es gibt nach wie vor keinen europäischen Staat und keine europäische Öffentlichkeit. Das Bundesverfassungsgericht hat zumindest 82 Mio. Deutsche hinter sich.

Meist gelesene Artikel
  • Fuchs plus
  • Flutter Entertainment ist die Glücksspiel-Nummer 1

Flutter strebt Aktiennotiz in den USA an

Steigender Gewinn ©Eisenhans - Fotolia
Der Glücksspielmarkt wächst - und Flutter Entertainment wächst noch schneller. Nun will das Unternehmen seinen Börsensitz in die USA verlegen. Das Kalkül dahinter ist klar und dürfte Aktionäre freuen.
  • Fuchs plus
  • Stiftungsvermögen 2024: Credo Vermögensmanagement GmbH

CREDO baut Nähe zum Kunden auf

Thumb Stiftungsvermögen 2024, © Grafik Redaktion Fuchsbriefe mit Envato Elements
Eule, Segelboot, Keimling und Füllhalter – mit diesen Bildmotiven begrüßt CREDO auf der Website seine Gäste. Die Eule beobachtet genau, das Segelboot manövriert durch stürmische Zeiten, der Keimling steht für gesundes Wachstum und der Füllhalter soll Unabhängigkeit symbolisieren. Nicht schlecht gelöst. CREDO bedeutet laut Website „Ich glaube". Glauben und Vertrauen seien die wertvollsten Güter, der Ursprung des Unternehmens liege in kirchlichen Mandaten. Das passt perfekt zur Stiftung Fliege.
  • Einblick in den «Trusted Wealth Manager 2024»

Wie Oberbanscheidt & Cie. Transparenz und Kundenvertrauen in Vermögensverwaltung fördert

Grafik envato elements, Redaktion Fuchsbriefe
Die Oberbanscheidt & Cie. Vermögensverwaltungs GmbH mit Sitz in Kleve zeigt sich im neuesten «Trusted Wealth Manager» offen für Transparenz und Kundenkommunikation. Das Unternehmen bekräftigte seine Bereitschaft, Teile des Selbstauskunftsfragebogens zu beantworten, als Ergänzung zum laufenden Monitoring der FUCHS | RICHTER Prüfinstanz, was die Grundlage für eine vertrauensvolle Beziehung zu seinen Kunden bildet.
Neueste Artikel
  • Fuchs plus
  • Hot Stock der Woche vom 22.5.2024

PDD Holdings hebt ab

Der Kurs der chinesischen E-Commerce-Plattform PDD zieht kräftig an. Auslöser sind starke Zahlen, die zeigen, dass PDD sein enormes Wachstum fortsetzen kann. Garant dafür ist einmal mehr der Marktplatz Temu.
  • Fuchs plus
  • Im Fokus: Investoren mit Einfluss

Aktivistischer Investor Carl Icahn hat ein goldenes Händchen

Lupe schärft den Blick auf ein Gebäude © SvetaZi / Stock.adobe.com
Es gibt große Investoren, die versuchen, direkt Einfluss auf die Unternehmen auszuüben, von denen sie Aktien halten. Ein solcher aktivistischer Investor ist Carl Icahn. Der hat bei seinen Investments oft ein "goldenes Händchen". FUCHS-Kapital sind einige Umschichtungen in Icahns Portfolio aufgefallen.
  • Fuchs trifft Pferdchen, Der Geldtipp-Podcast, Teil 40

Geldtipp – Pferdchen trifft Fuchs: Wie man richtig reich werden kann

Geldtipp-Podcast. ©SpringerNature
Ein sorgenfreies Leben in Reichtum ist der Traum vieler Menschen. Pferdchen und Fuchs diskutieren in der 40. Folge des Geldtipp-Podcasts, welche Formen von Reichtum es gibt, wann Personen als reich gelten und wie sie diesen Traum verwirklichen können.
Zum Seitenanfang