Hier können Sie zwischen der Ansicht für Geschäftskunden und Privatkunden wechseln.
Informationen und qualifizierte Einschätzungen zu Chancen und Risiken
030-288 817-20
Geschäftskunde
Privatkunde
0,00 €
1869
IWF im Kreuzfeuer

Wissenschaft zunehmend politisiert

Fuchsbriefe-Herausgeber Ralf Vielhaber © Foto: Verlag
Dass der IWF politisch gefärbte Prognosen abgibt, ist nicht neu. Doch selten erregen sie so viel Aufmerksamkeit wie jetzt im Falle Russlands. Doch die Kritik, die sich daraus prinzipiell zu recht entspinnt, hat einen äußerst schalen Beigeschmack.

Die wissenschaftsbasierte Ökonomie gerät immer mehr in politisches Fahrwasser. Anlass ist der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Im Mittelpunkt stehen die massiven Vorwürfe des US-Ökonomen Jeffrey Sonnenfeld (Yale) gegen den IWF. Er habe seine aktuelle Russland-Prognose auf Basis lückenhafter und zweifelhafter Daten erstellt und komme auch noch zum selben Ergebnis wie die russische Zentralbank: nämlich auf eine Schrumpfung von -6%. Im April hatte der IWF noch prognostiziert, 2022 werde die Rezession der russischen Wirtschaft 8,5 Prozent erreichen.

"Nicht nachvollziehbar"

Nachvollziehbar sei die IWF-Berechnung jedoch nicht. Auch gehe sie mit keinem Wort auf die von Russland nicht mehr weitergeführten oder lückenhaften Statistiken ein, u.a. zu Ex- und Importen, die Öl- und Gas Produktion, Kapitalzu- und -abflüsse u.v.a.m.

Sonnenfeld hat sich wiederum angeschaut, wie viele Unternehmen sanktionsbedingt Russland verlassen haben. Sie hätten für satte 40% der russischen Wirtschaftsleistung gestanden. Das ist ein durchaus schlagendes Argument für einen noch kräftigere Rezession. Doch die übrige Datenbasis ist eben auch für Sonnenfeld nicht besser als für den IWF (und uns). Insofern haben auch seine Einlassungen einen politischen Beigeschmack: Er will die Sanktionspolitik des Westens gegen Russland rechtfertigen.

Auch unzureichende Annahmen können zu einem richtigen Ergebnis führen

Die Auflösung könnte sein: Der IWF schreibt verfügbare Zahlen einfach linear fort – das tun die meisten Ökonomen. Insofern könnte er zunächst mit seiner Prognose durchaus richtig liegen (selbst wenn sie nur bedingt nachvollziehbar ist). Der Einbruch durch den Firmenexodus dürfte sich erst später zeigen. Und dauerhaft.

Helaba-Chefvolkswirtin macht Rückzieher – mit problematischem Argument

Die Chefvolkswirtin der Helaba, Gertrud Traud, folgt wiederum dem IWF. Sie glaubt, der Westen habe die Verletzlichkeit Russlands überschätzt und die Bedeutung der russischen Rohstoffe für die Welt unterschätzt. Die Sanktionen schadeten Deutschland und der ganzen Welt mehr als Russland.

Inzwischen zog Gertrud Traud ihren Kommentar in einer Erklärung auf der Helaba-Internetseite aber zurück. Sie habe die „politisch-moralische Dimension der Sanktionen“ nicht berücksichtigt. Eine abschließende Beurteilung der Sanktionen allein auf Basis der von ihr gewählten ökonomischen Aspekte sei nicht angemessen.

Annahme durchaus plausibel

Schaut man wiederum auf den Rubelkurs, wird Trauds Annahme plausibel. Der Rubel hat nicht nur kräftig zugelegt: Von seinem Tiefpunkt im März bei 121 Rubel je Euro, ist er inzwischen auf 61 zurückgekommen und hält sich hier sehr stabil. Der Kurs liegt damit auch deutlich höher als vor dem Ukrainekrieg und dem Einsetzen der Sanktionen. Daher ist die Aussage im „World Economic Outlook“ des IWF, die russische Inlandsnachfrage habe sich als ziemlich widerstandsfähig erwiesen, weil die Auswirkungen der Sanktionen auf den Finanzsektor eingedämmt werden konnten, durchaus plausibel.

Und noch ein Aspekt darf nicht übersehen werden. Russlands Landbevölkerung betreibt immer noch in weiten Teilen Subsistenzwirtschaft. Das Leben auf dem Lande und damit weiter Teile der Bevölkerung, tangieren die westlichen Sanktionen nur peripher. Kurz: Es juckt sie nicht, wenn Starbucks dicht macht.

Fazit: Fakten und Moral werden in der öffentlichen Diskussion immer mehr miteinander vermischt. Was auf der Strecke bleibt ist die Wahrhaftigkeit und das Vertrauen in die Wissenschaft als Ganzes.
Meist gelesene Artikel
  • Fuchs plus
  • Stiftungsvermögen 2024: DGK & Co. Vermögensverwaltung AG

DGK brilliert in aller Kürze

Thumb Stiftungsvermögen 2024, © Grafik Redaktion Fuchsbriefe mit Envato Elements
In der Kürze liegt die Würze: Dieses abgedroschene Sprichwort bekommt durch den Vorschlag von DGK eine neue, erfrischende Bedeutung: Wo andere Anbieter – in allen Ehren – den doppelten bis dreifachen Platz benötigen, kommt der Hamburger Vermögensverwalter mit einem äußerst informativen Anschreiben, zwei intelligenten Rückfragen und einem siebenseitigen Vorschlag aus. Vor allem die Rückfragen zeigen, dass man sich intensiv mit der Stiftung befasst. Gute Aussichten auf eine hochwertige Empfehlung?
  • Fuchs plus
  • Stiftungsvermögen 2024: G & H Gies & Heimburger Vermögens-Management GmbH

G & H kann mit Edelstein TOPAS nur bedingt punkten

Thumb Stiftungsvermögen 2024, © Grafik Redaktion Fuchsbriefe mit Envato Elements
Sehr tiefschürfend sind die Informationen über den Kelkheimer Vermögensverwalter Gies & Heimburger auf dessen Website nicht. Drei Herren mittleren Alters schauen dem Leser freundlich entgegen. Bei der weiteren Recherche stellen sie sich als die Geschäftsführer Markus Gies sowie Bernd und Hans Heimburger heraus. Man sei ein bankenunabhängiger, professionell organisierter Vermögensverwalter mit viel persönlichen Erfahrungen. Reicht das, um die Stiftung Fliege zu überzeugen?
  • Fuchs plus
  • Forschung zur Rückeinspeisung von Strom aus dem E-Auto

Geld verdienen mit dem Strom-Verkauf aus E-Autos?

Elektro-Auto an einer Ladestation © Wellnhofer Designs / stock.adobe.com
Können E-Autos das Stromnetz stabilisieren und der gespeicherte Strom vielleicht sogar ertragreich wieder verkauft werden? Diese Fragen werden in einem Forschungsprojekt untersucht.
Neueste Artikel
  • Fuchs plus
  • BFH bleibt beim Fremdvergleich für GmbH-Darlehen

Steuerliche Anerkennung nur mit breitem Marktvergleich

Bundesfinanzhof © dpa
Der reine Weg der Finanzierung einer GmbH ist die Einlage der Gesellschafter. Umgekehrt ebenso sauber die Regelausschüttung als Entlohnung. Doch die steuerliche Anerkennung solcher Darlehen ist immer ein gefährliches Fahrwasser. Das hat der Bundesfinanzhof erneut bestätigt.
  • Fuchs plus
  • Geldpolitik der EZB läuft ökonomischen Rahmendaten entgegen

Euro vor schwachem Sommer

Die Europäische Zentralbank wird im Sommer eine Geldpolitik machen, die nicht zu den konjunkturellen Rahmenbedingungen passt. Darauf läuft die Ankündigung einer Zinssenkung und die immer besser werdende wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone hinaus. Für den Euro ist das ein schlechtes Omen.
  • Fuchs plus
  • Zurückhaltung der Notenbanken erfordert neue Anlagestrategie

Rückzug aus den Schwellenländern

Schwellenländer Währungen (c) B. Wylezich/Fotolia
Die Veränderung der Erwartungshaltung zur US-Zinspolitik zieht die Schwellenländer in Mitleidenschaft. Noch glauben die Märkte daran, dass die Fed im Juni mindestens einen Zinsschritt nach unten machen wird. Doch je robuster sich die US-Wirtschaftsdaten zeigen, desto mehr schwindet der Glaube zumindest an eine Zinswende nach unten. Marktkonsens ist bereits, dass weniger Zinssenkungen der Fed in diesem Jahr erwartet werden. Das hat Folgen für Anleger, die in den Schwellenländern investiert sind.
Zum Seitenanfang