Taurus-Abstimmung ist die Vertrauensfrage
Die erneute, von der CDU initiierte, Abstimmung zur Taurus-Lieferung in die Ukraine (Donnerstag) ist für Kanzler Olaf Scholz (SPD) praktisch die Vertrauensfrage. Nach wie vor lehnt Scholz die Lieferung der Langstrecken-Marschflugkörper ab. Er führt als wesentliches Bedenken und den Grund für sein Nein an, dass Deutschland mit der Lieferung direkt in den Ukraine-Krieg hineingezogen wird.
Bedenken den Kanzlers wiegen schwer
Die Bedenken des Kanzlers sind nicht leicht wegzuwischen. Das zeigt das von Russland abgehörte Taurus-Gespräch der Bundeswehr deutlich. Aus der Debatte der obersten Militärs, Verteidigungsminister Boris Pistorius sprach von seinen „besten Offiziere“, geht deutlich das praktische Taurus-Dilemma hervor.
- Variante 1: Die Marschflugkörper werden bereitgestellt, das Personal in der Ukraine muss dann aber „über Monate“ intensiv geschult werden. Außerdem werden die konkreten Zielkoordinaten für die Raketen von der Aufklärung der Bundeswehr geliefert werden müssen.
- Variante 2: Die Taurus-Raketen werden der Ukraine geliefert, aber ohne Schulung und Koordinaten eingesetzt. Dann aber sei kein durchschlagender Erfolg zu erwarten. Das politische Dilemma, dass Russland eine Taurus-Lieferung als Kriegsbeteiligung werten könne, konnten die hochrangigen Militärs jedenfalls im Gespräch nicht lösen.
Die Union versucht, Scholz vor sich herzutreiben. Denn den Vorschlag, einen Ringtausch über London abzuwickeln, lehnt die CDU ab. Das wäre für Scholz eventuell eine Option gewesen, einen Mittelweg zu gehe und trotz seiner Ablehnung der Taurus-Lieferung eine weitere militärische Unterstützung der Ukraine zu ermöglichen. Die Union hat sich dagegen festgelegt: Sie will eine direkte Lieferung der deutschen Marschflugkörper an die Ukraine.
Taurus-Abstimmung ist Vertrauensfrage
Für Scholz geht es in der Taurus-Frage nur noch darum, ob er die Koalition hinter sich und seinem Taurus-Nein vereinen kann. Gelingt ihm das nicht, weil die Ampel-Regierung keine eigene Mehrheit in der Frage zusammenbekommt und Abgeordnete für die Taurus-Lieferung stimmen, ist der Koalitionsvertrag praktisch obsolet. Darauf hat SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nochmal hingewiesen. Er sagte, dass im Koalitionsvertrag „geregelt ist, dass sich die Koalitionspartner gemeinsam auf politische Inhalte verständigen.“
Mit seinem Nein hat Scholz die Mehrheit der Deutschen hinter sich. Laut aktuellen Umfragen lehnen 61% aller Deutschen eine Taurus-Lieferung an die Ukraine ab. Das sind 9 Prozentpunkte mehr als noch im August 2023. Nur 29% der Befragten sind für die Lieferung der Langstreckenwaffe. Bei den Partei-Anhängern von Grünen und FDP ist die Mehrheit für die Lieferung. Aber sogar 52% der CDU-Anhänger lehnen die Lieferung von Taurus-Raketen ab.