Zug zur Mitte
Sozialdemokraten und Konservative steuern bei der Europawahl auf eine Große Koalition nach deutschem Vorbild zu.
Sozialdemokraten und Konservative steuern bei der Europawahl auf eine Große Koalition nach deutschem Vorbild zu. Denn offenbar haben sich die beiden großen Parteienfamilien in Europa darauf eingestellt, möglichst ohne Kanten und klare Standpunkte in den Wahlkampf zu gehen. Auch das Duell der Spitzenkandidaten birgt wenig Sprengstoff. Der deutsche Sozialdemokrat Martin Schulz hat seine Partei auf Kuschelkurs zu Angela Merkel (CDU) gebracht. Eurobonds, Altschuldentilgungsfonds, Marshall-Plan für Südeuropa – keine dieser SPD-Forderungen hat die Koalitionsverhandlungen überlebt. Im Gegenzug hat sich Schulz die Zustimmung der Kanzlerin für seine Kandidatur als Kommissionspräsident gesichert. Der mögliche Frontmann der Konservativen kontert Schulz´ Kehrtwende mit einer sozialdemokratischen Forderung. Er wolle einen europäischen Mindestlohn, ließ Jean-Claude Juncker verlauten. Juncker gilt inzwischen als Favorit im parteiinternen Gerangel der Konservativen um die Spitzenkandidatur. Chancen haben neben dem früheren Eurogruppenchef auch noch die beiden Franzosen Michel Barnier (EU-Binnenmarktkommissar) und IWF-Chefin Christine Lagarde.
Fazit: Beide Volksparteien wollen als Konsensparteien wahrgenommen werden. Der Zug zur Mitte steht also auch in Europa unter Dampf. An den Rändern bieten Sozialdemokraten und Konservative so jede Menge Platz für aggressive Kleinparteien.