EZB hilft drei Euro-Ländern
Drei Länder der Eurozone brauchen eine längere Zeit höherer Inflationsraten und lockerer Geldpolitik. Neben Italien sind es Frankreich und Spanien, die es andernfalls nicht schaffen, ihre Staatsschuldenquoten in absehbarer Zeit zu senken. So interpretieren FUCHSBRIEFE die Berechnungen des Kreditversicherers Euler Hermes. Grundannahmen der Studie sind weitere Leitzinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) um 200 Basispunkte und eine durchschnittliche Inflationsrate zwischen 2024 und 2036 um 2%.
Frankreich: Haushaltsdefizit aktuell 5,5%
Frankreichs Staatschulden liegen bei 113% zum BIP. Bis 2036 könnten sie im skizzierten Szenario auf 136% ansteigen. Die französische Regierung hat gerade ihren Haushaltsentwurf für 2023 veröffentlicht, der die Unterstützungsmaßnahmen auf Haushalte und Unternehmen ausdehnt. Entlastungen sollen durch die Rentenreform kommen, die aber auf wackeligen Beinen steht (FB vom 29.09.2022).
Spanien: Rekordausgaben
Spaniens Staatsschuldenquote (aktuell 118% des BIP) dürfte bis 2036 auf 127% steigen, wenn die Inflation zurückkommt und die Zinsen auf höherem Niveau verweilen. Auch Madrid macht keine Anstalten, auf mehr Haushaltsdisziplin einzuschwenken. Im Juli legte Spanien eine Ausgabenobergrenze für 2023 von 198 Mrd. Euro fest – ein Allzeithoch. Die Investitionen in Gesundheit, Bildung und den Sozialetat werden nochmals erhöht.
Italien: Neue Regierung verunsichert
Italiens Staatsschulden sind bereits hoch (aktuell 151% des BIP) und dürften gemäß der Prognose bis 2036 auf 154% steigen. Größter Unsicherheitsfaktor ist die neue italienische Regierung, die ihre weiteren Haushaltspläne erst noch vorlegen muss (FB vom 26.09.2022).
Kaum Chancen aus Herauswachsen aus den Schulden
Die zusätzlichen Zinsbelastungen dieses Szenarios würden Frankreich jährlich 2,3%, Spanien 2,4% und Italien 3% in Relation zum BIP bis 2030 kosten. Für Spanien und Italien übersteigt diese Haushaltsbelastung laut Euler Hermes damit die gesamten öffentlichen Investitionen im Jahr 2019.
Das heißt auch, dass es kein „Herauswachsen“ aus den Schulden für diese Länder geben wird. Alle Länder müssten ihre Haushalte schleunigst überarbeiten. Ist das nicht möglich, müsste z.B. Italien sein Produktionswachstum verdoppeln, um den Schulden zu entwachsen – das ist unrealistisch. Will die EZB eine neue Staatsschuldenkrise vermeiden, sind ihre weiteren Zinsanhebungsmöglichkeiten daher begrenzt. Das heißt auch, dass sie eine höhere Inflationsquote im Kauf nehmen muss, um Italien, Spanien und Frankreich zu entschulden.
Fazit: Italien ist nicht das einzige Problem der EZB, auch Frankreichs und Spaniens Schulden begrenzen ihren geldpolitischen Spielraum. Sie wird eine höhere Inflation zwischen 3% und 4% in den kommenden Jahren in Kauf nehmen. Das schwächt den Euro und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Hinweis: Für Deutschlands Staatsschuldenquote sind die Autoren optimistisch. Sie erwarten einen Peak bei 70% im Jahr 2023/2024 und ein allmähliches Absinken auf 60% (Vor-Corona-Niveau) bis 2028 und auf 48% bis 2036. Dabei gehen sie aber auch davon aus, dass die Schuldenbremse trotz der Entlastungspakete eingehalten wird und kein Nachtragshaushalt notwendig sein wird.