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Lieber etwas tiefer in die Tasche greifen

Diener zweier Herren

Bei der Vermögensverwaltung sehen Privatiers oft hohe Verwaltungsgebühren auf sich zukommen und greifen daher zu möglichst günstigen Adressen. Doch gerade bei günstigen Beratungsangeboten läuft man schnell Gefahr, dass die Qualität zu wünschen übrig lässt.

Verbraucherschützer und Branchenkritiker haben sich seit der Finanzkrise auf die Vermögensberater „eingeschossen". Ein Großteil der Verluste in den Depots lasse sich auf mangelhafte Beratung zurückführen, lautet der Vorwurf. Die Sündenböcke sind also die Berater – die betroffenen Kreditinstitute wiegeln ab und sprechen von „Einzelfällen". Der Kern des Problems liegt aber woanders. Der Volksmund formuliert es so: „Wes' Brot ich ess, des Lied ich sing..."

Der Spruch weist auf einen Systemfehler in der Vermögensberatung: die Art der Entlohnung. Eine Grazer Bank formulierte ihn in einem ehrlichen Brief an ihre Kunden folgendermaßen. „Die ganze Wahrheit liest sich so: Die Bezahlung der Kosten für die Beratung und Betreuung im Private Banking erfolgt teilweise nicht durch Sie als Kunde, sondern indirekt. (...) Was ist die Folge? Der Berater wird zum Diener zweier Herren. Einerseits ist er für Sie als Berater tätig. Dafür zahlen Sie. Andererseits soll er den Zusatzverdienst seiner Bank maximieren und dazu neben den hauseigenen Produkten jene von provisionszahlenden Anbietern empfehlen. So ist das System. Und jede Bank nutzt es."

Der Kunde zahlt immer

Fest steht: Beratung kostet Geld. Keine Bank, keine Vermögensverwaltung, kein Vermögensberater kann kostenlos arbeiten. Die Krux ist aber, dass fast die ganze Finanzbranche „zwei Herren" dient. Sie verlangt vom Kunden Geld und erhält zusätzliche Vergütungen von Fondsinstituten, Zertifikat-Emittenten, Versicherungsunternehmen und Beteiligungsgesellschaften.

Ein Fall aus der Praxis

Sebastian Herold hat sein Unternehmen erfolgreich an einen ausländischen Investor verkauft. Nun hat der Mittvierziger ein Millionenvermögen zur Verfügung und braucht einen guten Anlageberater. Er wendet sich an mehrere Anbieter, u. a. an seine Hausbank, einen freien Vermögensverwalter und eine „Top-Adresse" im Private Banking.

Keines der Häuser will sich den „Fisch" von der Angel nehmen lassen, denn ein solches Mandat ist lukrativ. Drei „nette" Vermögensberater beehren Herold zu Hause. Er bekommt drei Angebote, erlebt drei Strategiegespräche und erhält etliche „Nachfass-Telefonate". Am Ende entscheidet er sich für die „Top-Adresse" im Private Banking, eine Privatbank. Der Preis der Vermögensverwaltung: 0,7% zzgl. Umsatzsteuer pro Jahr.

Nach den ersten Depotauszügen offenbart Herold einem Freund Zweifel über die Richtigkeit seiner Entscheidung. Die Performance der Anlagen lässt zu wünschen übrig. Eigentlich müsste der Ertrag höher sein. Der Unternehmerkollege empfiehlt ihm seinen Berater: „Der hat mich gut durch die Krise gebracht. Er ist zwar nicht billig, aber ich fühle mich gut aufgehoben."

Alternative Honorarberater

Herold und sein Anwalt besuchen den Vermögensplaner in dessen Kanzlei. Der Berater will erst die aktuellen Depotauszüge analysieren. Dafür benötige er inklusive Beratung einen Arbeitstag. Nach drei Wochen präsentiert der Honorarberater das Ergebnis:

  • Vermögensstrategie: Keines der drei Angebote entsprach der Ausgangslage. Niemand hatte ermittelt, ob Anlagebetrag und Entnahmeziel langfristig zum Vorschlag passen. Das Problem: Die avisierte Zielrendite könnte in allen drei Fällen bei schlechtem Verlauf zu existentiellen Folgen führen – das würde Herold aber erst in gut 12 Jahren merken.
  • Lebenssituation: Alle Berater ignorierten, dass sich Herold gut vier Monate im Jahr in Neuseeland aufhält. Zwar wurde darüber gesprochen, doch sie rieten ihm von Investitionen in den neuseeländischen Dollar ab: „zu unsicher". Doch der Ex-Unternehmer braucht auch in Übersee Geld. Diesen Teil des Lebensunterhalts könnte er in Deutschland mit Hilfe erstklassiger neuseeländischer Anleihen absichern.
  • Preistransparenz: Besonders bitter ist für Herold, dass die „Bank seiner Wahl" neben den 0,7% Verwaltungsgebühren an drei geschlossenen Fonds kräftig verdient hat. Eine Recherche ergab: Seine Vermögensverwaltung hat 87.000 € an Provisionen eingestrichen. Die Bank hatte ihm dies verheimlicht.
  • Performance: Wie Herold vermutet hat, ist der Ertrag seines Depots im Vergleich zu anderen Vermögensverwaltungen mit identischem Risikoprofil unterdurchschnittlich. Andere Anlagestrategien wären geeigneter und erfolgreicher gewesen.

Der Fall Herold zeigt: „Kostenlose" Beratung führt häufig zu einer ungenügenden Analyse von Ausgangssituation und Anlagemöglichkeiten. Die Vermögensmanager beschränken sich meist darauf, Produkte ihres Hauses oder ihrer Kooperationspartner anzubieten. Der Ertragsdruck der Berater in Banken ist so hoch, dass diesen kaum noch ein Spielraum bleibt, auf die Bedürfnisse ihrer Kunden einzugeben.

Anders beim Honorarberater: Da er nur seinem Mandanten verpflichtet ist, stehen dessen Bedürfnisse im Mittelpunkt. Inzwischen sind die Missstände in der Finanz- und Vermögensberatung auch in der Politik angekommen. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will die Anreizstrukturen in der Finanzvermittlung verändern. Gefördert werden sollen Honorarberater, die wie Steuerberater und Rechtsanwälte ihre Dienste ausschließlich gegen Entgelte ihrer Mandanten anbieten.

Honorarberatung bei Banken

Im Bankenbereich sind bereits mehrere Anbieter am Markt. Comdirekt und Cortal Consors konzentrieren sich auf die Wertpapierberatung. Die von der quirinbank angebotene Vermögensberatung hat einen breiteren Ansatz. Ihr Honorarmodell sieht so aus:

  • Für die Einzelberatung setzt sie 150 € pro Stunde an. Dafür wird bspw. eine Altersvorsorgecheck oder eine ganzheitliche Vermögensbilanz erstellt.
  • Kunden der Vermögensverwaltung zahlen 20% auf den Nettoertrag. Hinzu kommt eine Grundgebühr von 75 € je Monat. Die Bank verdient nur, wenn der Kunde Gewinn erzielt. Wer auf die Erfolgskomponente verzichtet, zahlt ab 50.000 € Anlagevermögen 1,65% Verwaltungsgebühr pro Jahr. „Kickbacks" und versteckte Provisionen sind ausgeschlossen.

Eine Verwaltungsgebühr von 1,65% des Vermögens ist im Private Banking relativ hoch. Als Faustregel kann gelten: Wer 1.000.000 € in Aktien und Renten anlegt, an dem muss die Bank mindestens 1% der Anlagesumme pro Jahr zzgl. Umsatzsteuer verdienen. Je beratungsintensiver das Depot ist, desto mehr nähert sich der Wert einer Größenordnung von 1,5%.

Cortal Consors aus Nürnberg liegt unter dieser Schwelle, da sie eine Bank ohne Berater vor Ort ist. Bis 100.000 € Depotvolumen stellt sie 1% zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung. Bis 250.000 € sind es 0,9%, bis 500.000 € 0,8% und darüber 0,7%. Hier beschränkt sich die Beratung aber auf Kauf- und Verkaufsentscheidungen im Depot. Sämtliche Provisionen, auch die laufenden Bestandspflegezahlungen, werden dem Kunden erstattet.

Unabhängige Kanzleien als Alternative

Eine Alternative sind die wenigen freiberuflichen Kanzleien für Vermögende. Sie werden von zertifizierten Finanzplanern oder Steuerberatern geleitet. Ihre Leistungen umfassen Beratung und Betreuung des Vermögens. Hier liegen die Kosten zwischen 250 bis zu 500 €. Topberater sind aufgrund ihrer Erfahrung sehr begehrt – Wartezeiten sind nicht ungewöhnlich. Manche Kanzleien unterstützen ihre Kunden auch bei der Suche nach einer Vermögensverwaltung oder nach Anlageprodukten (bspw. private placements). Ihren Aufwand rechnen sie meist nach dem Vermögenswert ab. Er beträgt zwischen 0,5% bis 5% des Anlagevolumens.

Family Offices bieten Vermögensverwaltung für besonders vermögende Kunden an. Dieses besonders elitäre Modell bieten Privatbanken, aber auch unabhängige Vermögensverwalter an. Sie strukturieren das Vermögen nach Immobilien, Versicherungen und Investments. Der Mindestanlagebetrag liegt bei 25 Mio. €. Als Grundgebühr ist mit 0,2% bis 0,4% pro Jahr zu rechnen.

Fazit: Die Gebühren von Honorarberatern zeigen, wie viel Beratung in Vermögensfragen kosten darf – und kosten muss. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass die Beratungsqualität massiv sinkt.

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