Flickenteppich im Stiftungsrecht trotz Reform
Die seit Juli 2023 geltende Reform des Stiftungsrecht hat ihr Ziel einer bundesweiten Vereinheitlichung nur teilweise erreicht. Stifter sollten den durch die reformierten Landesstiftungsgesetze (LStG) fortbestehenden Flickenteppich im Aufsichtsrecht in ihrem Sinne nutzen. „Hier gilt es, daraus resultierende Chancen über die Wahl des Satzungssitzes zu nutzen“, meint Mirjam Schwink, Leiterin Stiftungsmanagement bei der BW-Bank auf Anfrage von FUCHSBRIEFE.
Trotz der Stiftungsrechtsreform auf Bundesebene sind aufsichtsrechtliche Kompetenzen bei den Bundesländern geblieben. Deren reformierte LStG zeigen in diesen Punkten aber sehr unterschiedliche Regelungen. Das führt zu einer Rechtszersplitterung auf Landesebene durch unterschiedliche Begrifflichkeiten und Sonderregeln. „Damit wurde die Chance verpasst, das Reformziel des Bundesstiftungsrechts, eine „Rechts- und Verwaltungsvereinfachung“ zu erreichen, auf Ebene der Länder zu fördern“, so Schwink.
Gemein- und privatnützige Stiftungen müssen sich Gedanken machen
So unterliegen z.B. in beinahe allen Bundesländern gemeinwohlorientierte Stiftungen der staatlichen Aufsicht. Die Uneinheitlichkeit in der jeweiligen landesspezifischen Ausgestaltung macht aber sogenanntes „forum-shopping“ für Stifter attraktiv. So ist es möglich, dass eine Stiftung, die in Schleswig-Holstein tätig ist, ihren Satzungssitz in Baden-Württemberg hat und der Vorstand in Hamburg arbeitet. In dem Fall ist stiftungsrechtlich Baden-Württemberg zuständig.
Stiftungen, die private Zwecke erfüllen (z.B. Versorgung von Familienmitgliedern) werden hingegen oft ganz oder teilweise ausgeklammert von der Stiftungsaufsicht. Die LStG enthalten zur Frage „Was ist eine Stiftung zu privatnützigen Zwecken?“ allerdings sehr unterschiedliche Definitionen. Gerade für Unternehmerfamilien, die ihr Vermögen im Sinne der „Asset Protection“ aus dem öffentlichen in den privaten Bereich überführen möchten, ist die Wahl des richtigen Standorts wichtig.
Evolution statt Revolution im Stiftungsrecht
Generell sieht Stiftungsexpertin Schwink die Stiftungsreform des Vorjahres aufgrund dieser Uneinheitlichkeit eher als Evolution denn als Revolution an. Als positive Errungenschaften hebt sie aber u.a. hervor, dass in der Vermögensanlage von Stiftungen flexiblere Gestaltungsoptionen ermöglicht wurden. Zudem wurden persönliche Haftungen für Vorstandmitglieder sinnvoll beschränkt. Gut sei auch die Beibehaltung der Freiheit des Stifters zu entscheiden, ob eine Stiftung den nominalen oder realen Kapitalerhalt ihres Vermögens anstrebt.