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Interview mit Rechtsanwalt Peter Mattil, Fachanwalt für Bank-und Kapitalmarktrecht, München.

Situation hat sich entspannt, aber…

Der Münchner Rechtsanwalt für Kapitalmarktrecht, Peter Mattil sieht "durchaus ein paar positive Veränderungen, was die Beratung betrifft." Doch noch immer würden Kunden in der Anlageberatung mit missverständlichen Begriffen in die Irre geleitet.

Rechtsanwalt Peter Mattil vertritt mit seiner Kanzlei vor allem Gläubiger von Pleitefirmen wie Wirecard und P&R. Dadurch ist er weniger mit Beratungsfehlern von Banken und Vermittlern befasst. Nach seinem Eindruck hat sich die Situation in diesem Bereich aber bedingt durch verschiedene Änderungen etwas entspannt. Ein Allheilmittel sind MiFID II und Co. allerdings nicht. „Verklausulierungen etwa in Protokollen wie ´chancenorientiert´ oder ´wachstumsorientiert´ für hochriskant zeigen, dass immer noch Unwesen mit dem Verbraucherschutz getrieben wird“, so Peter Mattil zu Elke Pohl, die für die FUCHS | RICHTER PRÜFINSTANZ das Gespräch mit dem Fachanwalt führte.

"Ich sehe ein paar positive Veränderungen."

FUCHS | RICHTER PRÜFINSTANZ: Wie wirkt sich MiFID II auf die Kundenberatung und -zufriedenheit aus? Ist ein positiver Trend zu erkennen?

RA Peter Mattil: Ich sehe durchaus ein paar positive Veränderungen, was die Beratung betrifft. Das geht nach meiner Meinung zum einen auf die Protokollpflicht zurück, die Jahrelang galt. Früher mussten Berater die Protokolle – vorausgesetzt sie haben welche angefertigt – nicht an Kunden herausgeben. Sie konnten im Prinzip machen, was sie wollten. Das ist zum Glück vorbei. Dadurch sind Berater vorsichtiger geworden, was ihre Empfehlungen betrifft. Hilfreich für Verbraucher ist auch die Abschaffung der automatischen Verjährung von Beratungsfehlern. Dadurch, dass die Verjährung erst mit Bekanntwerden des Beratungsfehlers einsetzt, haben Verbraucher überhaupt eine Chance, sich mithilfe von Fachanwälten zu wehren. Denn im Normalfall dauert es viele Jahre, bis die Auswirkungen einer Falschberatung offensichtlich werden.

"Die Pflicht zum Offenlegen der Provisionen wirkt."

Wirkt MiFID II auch auf dem Feld der versteckten Provisionen?

Ja, die Pflicht zum Offenlegen der Provisionen wirkt. Mir ist ein Fall zu Ohren gekommen, bei dem eine Anlegerin nach 20 Jahren gemerkt hat, dass sie sage und schreibe bis zur Hälfte ihrer Investitionen in Form von Gebühren verloren hat. Das ist doch irre, oder? Und auch die Geeignetheitserklärung, die seit Anfang 2018 ab-gegeben werden muss, hilft Verbrauchern einzuschätzen, ob die Geldanlage zu ihnen passt und in ihrem Interesse ist. Was dem Verbraucherschutz entgegenwirkt ist allerdings die Papierflut, die durch MiFID II ausgelöst wurde. Verbrauchern sollte aber immer wieder gesagt werden, dass sie zumindest das Protokoll und die Geeignetheitserklärung gründlich studieren sollten, um kein böses Erwachen zu erleben. Hinderlich sind dabei die vielfach und gern verwendeten Fachbegriffe, für die der Normalbürger eigentlich ein Wörterbuch brauchte. Verklausulierungen wie „chancenorientiert“ oder „wachstumsorientiert“ für hochriskant zeigen, dass immer noch Unwesen mit dem Verbraucherschutz getrieben wird.

Vertreten vorwiegend Gläubiger von Insolvenzverfahren

Wie hat sich die Fallzahl der Kundenklagen entwickelt?

Was Beratungsfehler von Banken angeht, ist meine Kanzlei eigentlich nicht besonders aussagefähig. Wir sind vorwiegend damit befasst, Gläubiger von Insolvenzverfahren wie die von Wirecard, P&R, Magellan, MCE und EN Storage zu vertreten und ihnen zu Recht und ihrem Geld zu verhelfen. Auch Klagen gegen die Wirtschaftsprüfer, die die Schieflagen nicht oder zu spät publik gemacht haben, sind bei uns anhängig. Es gibt viele tausend Gläubiger, die durch die Pleiten der letzten Zeit viel Geld verloren haben. Was dabei auffällt ist, dass die Dimensionen dieser Pleiten alles, was wir früher erlebt haben, weit übersteigt. Während man sich bis vor ein paar Jahren über einige Millionen Euro gestritten hat, geht es jetzt um zwölf Milliarden wie im Fall Wirecard, um vier Milliarden bei P&R und um drei Milliarden Euro bei Dolphin. Das Problem: Die Kunden dieser Pleitefirmen haben meist nicht bei Beratern gekauft, sondern im Internet, so dass man weder Banken noch Vertrieben die Schuld geben kann. Insgesamt aber beobachten auch wir, dass die Kundenklagen abnehmen.

Rechtsschutzversicherer sind restriktiver geworden

Wie erklären Sie sich das?

Vor allem damit, dass die Rechtschutzversicherer Streitigkeiten um Kapitalanlagen zum größten Teil nicht mehr übernehmen. Während früher bei 100 Mandanten 90 eine Zusage ihrer Rechtsschutzversicherung bekommen haben, ist es jetzt maximal umgekehrt. Und ohne Rückendeckung durch den Rechtschutzversicherer trauen sich viele Kunden nicht Klage zu erheben. Andererseits schießen die „Kanzleien“, die Anleger regelrecht animieren gegen ihre Bank oder ihren Berater vorzugehen, wie Pilze aus dem Boden. Jede Woche entdecken neue Kanzleien dieses Geschäftsmodell. Für Versicherer ist das ein unkalkulierbares Risiko und für Verbraucher ein unhaltbarer Zustand.

Herr Mattil, wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch.

Elke Pohl sprach für die FUCHS | RICHTER PRÜFINSTANZ mit dem Fachanwalt.

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