Kompetent, aber ohne Empathie
Die Bayerische Vermögen – leicht zu verwechseln übrigens mit der beinahe namensgleichen Bayerische Vermögen Management – ist im südlichen Deutschland recht gut vertreten: Standorte gibt es nicht nur in München, am Tegernsee und Chiemgau, sondern auch im hessischen Frankfurt. „Das Vermögen strukturieren, erhalten und mehren – das ist der Kern unserer Dienstleistung“, lautet das Versprechen an die Kunden. Abhängig von deren persönlichen und finanziellen Zielen erarbeitet die BV „eine erfolgreiche Anlagestrategie“.
Nun, die BV macht keinen schlechten Eindruck auf den Interessenten, der für die FUCHS | RICHTER PRÜFINSTANZ unterwegs ist.
Der Kunde und sein Anliegen
Der Kunde ist im Ruhestand, finanziell gut versorgt und nebenbei ein wenig freiberuflich tätig. Er hat aus einem Immobilienverkauf 3,5 Mio. Anlagevolumen zur Verfügung, die er – eigentlich – nachhaltig anlegen möchten. Zudem treiben ihn eine Reihe von Sorgen um:
Die eklatante Neuverschuldung weltweit in der nach-Corona-Zeit, die steigenden Inflationsraten, die Instabilität der Eurozone, die er empfindet, insbesondere nach dem Austritt der Briten und der Aufstieg des autoritären China. Rückt da möglicherweise ein Crash-Szenario näher?
Stärken
Kommen wir zunächst zu den Pluspunkten, die die Bayerische Vermögen gesammelt hat. Gut gefallen hat die Kompetenz und Diskursfähigkeit des erfahren wirkenden Vorstands, der selbst das Gespräch – gut strukturiert – führt mit einem Mitarbeiter an seiner Seite. Er geht in die Tiefe, hat auch die Sorgen und Nöte des Interessenten bedacht und durchdacht, sieht Risiken, die im großen Bild lauern. Doch er verlässt sich auf die Notenbanken. Das Motto, das der Kunden heraushört: Die schaffen das. Auch der regelbasierte Investmentansatz wird gut verdeutlicht; die BV betreibt Value-Investing, sucht nach fundamental unterbewerteten Aktien.
Weitere Pluspunkte
Auch der Schriftverkehr, den das Haus führt, ist verbindlich, die Freundlichkeit der Mitarbeiter steht nicht infrage und auch das Bemühen um den Kunden ist zu erkennen.
Die Gebühr ist ebenfalls ein Plus: 0,8 % netto für die Vermögensverwaltung 15 Euro je Order plus Depotgebühr – da kann man nicht meckern.
Schwächen
Doch nicht jedes Versprechen wird gehalten. „Wir hören Ihnen aufmerksam zu und erarbeiten eine maßgeschneiderte Strategie für Ihr Vermögen.“ Leider nein. Die Hinweise des Interessenten, ein möglichst nachhaltig strukturiertes Portfolio zu erhalten, werden komplett ignoriert. Im Vorgespräch kommt der Kunde so gut wie gar nicht zu Wort, sondern muss einen 14-minütigen Monolog – wenn auch durchaus informativ – über sich ergehen lassen.
Zwar treten dem Interessenten zwei Berater in der Videokonferenz gegenüber; von einem Team kann jedoch keine Rede sein. Einer ist Koch, der andere Kellner. Er darf mal ein Wasser holen, sagen darf er währen des Gesprächs so gut wie nichts.
Anlagevorschlag mit großem Fragezeichen
Der Anlagevorschlag verdient diese Bezeichnung eigentlich nicht; es handelt sich um Musterdepots, die nach „Stangenware“ aussehen.
Auch mit der Transparenz ist es nicht weit her. Antworten auf die Fragen, die wir bezüglich Kundenstruktur, Nachhaltigkeitsangebot und -kompetenz, Staandard-Gebühren, Research etc. von redaktioneller Seite an die Bayerische Vermögen stellen, werden nicht beantwortet.
Kontakt
- Bayerische Vermögen AG
- Brienner Straße 53a
- 80333 München
- Deutschland
- www.bv-vermoegen.de/
Zusatzinfos
- keine
- Teilnahme am FUCHS-Performance Projekt: ja
Alles in allem: Bei der Bayerische Vermögen muss der Kunde zum Haus und dessen Anlagestrategie passen. Wirklich „individuell“ wirkt das Angebot der BV nicht auf den Interessenten.
Eine Empfehlung auszusprechen, fällt uns schwer, dafür ist das Haus zu sehr auf sich fixiert und öffnet sich zu wenig dem Kundenanliegen. Dennoch: Die Kompetenzvermutung ist eindeutig vorhanden und wer genau den Ansatz der BV mag, der sollte sich die Zeit für ein Gespräch nehmen. Für die Qualifikation zur Endrunde reicht es aber nicht.