Die Party geht weiter
Die Börsen setzen erneut zu einer Rally an. Am 4. September wird sich zeigen, ob und wie schnell ihr die Puste ausgeht. Dann spricht Draghi für die EZB.
Die Börsianer haben die Unsicherheiten der letzten Wochen abgeschüttelt. Vor allem jenseits des Atlantiks klettern die Aktienmärkte erneut auf Rekordstände. Der marktbreite S&P 500-Index übersprang in dieser Woche zum ersten Mal die Marke von 2.000 Zählern. Der Technologiebörse Nasdaq fehlen nur noch rund 15% bis zu den Höchstständen vor dem Platzen der Dot.com-Blase vor 14 Jahren. Auch in Europa steigen die Kurse von Dividendenpapieren wieder kräftig an. Um gut 6% erholte sich beispielsweise der Stoxx 50-Index von seinen Tiefkursen zu Monatsbeginn. Er notiert nur noch rund 1% unter den Jahreshochs von Anfang Juli. Auch der deutsche Aktienmarkt setzt seine Erholungsbewegung weiter fort. Er notiert mit knapp 9.600 Zählern auf dem gleichen Kursniveau wie vor etwa vier Wochen. Noch Ende Juli hatten schärfere Töne zwischen Moskau und dem Westen für Verunsicherung gesorgt. Die Angst vor einem sich zuspitzenden Ukraine-Konflikt mit größeren Handelsbeschränkungen infolge wirtschaftlicher Sanktionen ließ die Anleger auf Nummer sicher gehen. Jetzt kehrt mit der Aussicht auf eine diplomatische Lösung der Konflikte und vor allem auf weiterhin günstiges Geld in der Eurozone die Risikobereitschaft der Investoren wieder zurück. Der Markt honoriert, dass die gemeldeten Zahlen in Europa besser als die vorab geschätzten Erwartungen ausfallen. Zwar deuten einige volkswirtschaftliche Daten aus der Eurozone auf eine weiterhin fragile konjunkturelle Entwicklung hin – zuvorderst der Ifo-Geschäftsklimaindex sowie die Einkaufmanagerindizes. Auch sank der deutsche Einkaufsmanagerindex im August leicht von 56,7 auf 56,4 Punkte. Er übertraf damit aber die Prognosen der Volkswirte. Sie hatten mit einem Rückgang auf 55,7 Punkte gerechnet. Alles in allem bleibt die deutsche Wirtschaft damit auf robustem Wachstumskurs und das wirtschaftliche Zugpferd in der Eurozone. Das Wirtschafts-Symposium in Jackson Hole brachte für die Geldpolitik der USA keine neuen Erkenntnisse. So verwies Fed-Chefin Janet Yellen zwar auf Fortschritte am US-Arbeitsmarkt. Sie ließ indes Konsequenzen für die Zinsentwicklung offen. Sollte sich die Verfassung des Arbeitsmarktes weiter rascher als angenommen verbessern oder sich die Inflation schnell dem Fed-Ziel von 2% nähern, könnte die Fed die Leitzinsen schneller als erwartet anheben. Gibt es keine Fortschritte, würden die Zinsen weiterhin niedrig bleiben. EZB-Chef Mario Draghi sprach jedoch von signifikant gefallenen Inflationserwartungen und fachte damit Hoffnungen auf zusätzliche Geldspritzen in der Eurozone an. Ein Anleihekaufprogramm durch die EZB wird damit wahrscheinlicher. Auf der nächsten EZB-Sitzung am 4. September sollte Draghi konkreter werden. Sonst geht der Hoffnungsrally die Puste aus.
Fazit: Die Aussicht auf weiterhin billiges Geld von den Notenbanken mobilisiert die Aktienkäufer. Nach der deutlichen Kurserholung der letzten zwei Wochen bleibt der Markt jedoch anfällig für Rücksetzer. Draghis Aussagen stützen zwar. Folgen den Worten jedoch keine Taten, besteht Enttäuschungspotenzial.