Die „Last“ des (Familien-)Vermögens gemeinsam tragen
Die Familie fühlt sich der Aufbaugeneration verpflichtet. Der Immobilienbesitz, bestehend aus 28 Wohneinheiten und vier Gewerbeeinheiten, war von den inzwischen betagten Großeltern über viele Jahrzehnte hinweg aufgebaut worden.
Die Entscheidung zum Verkauf war in der Familie intensiv diskutiert worden. Steigende Zinsen, sehr hohe Bewertungen und die drohenden Auflagen zur energetischen Sanierung standen der emotionalen Bindung an das Familienvermögen entgegen. Am Ende war sich die Familie einig: Wir machen es. Im Frühsommer 2022 übernahm eine Immobiliengesellschaft aus Bayern den gesamten Bestand.
Vom gebundenen zum liquiden Vermögen
Doch nun steht die Familie vor der Herausforderung 19,41 Millionen Euro in einem unberechenbaren Marktumfeld anzulegen. Jeder Familienstamm ist dabei für „seine“ rund 10 Millionen selbst verantwortlich.
Ein Fixpunkt sind die Liquiditätsanforderungen, die sich aus der Vermögensübernahme ergeben. Die Großeltern wollen eine jährliche „Rente“ in Höhe von 300.000 Euro überwiesen erhalten. Beide Familienstämme sollen jeweils die Hälfte, also 150.000 EUR p.a., aufbringen. Dies soll aus der Anlage des Vermögens resultieren. Zudem möchte „unser Familienstamm“ pro Jahr 200.000 zur eigenen Verfügung.
Die Last der Verantwortung
Die 10 Millionen sollen erneut in einer Familien-GbR mit 3 Mitgliedern gehalten werden. Sie besteht aus dem Vater – dem einen Sohn der Großeltern – sowie dessen beiden Söhnen. Der Vater ist selbst noch ein „Immobilienmann“ und ihm ist der Verkauf sichtlich schwergefallen.
Einer der Söhne hat Betriebswirtschaft studiert und sich selbst immer wieder mit Geldanlage beschäftigt. Ihm wird die Verantwortung übertragen, sich um die Vermögensanlage zu kümmern. Dazu soll er eine geeignet erscheinende Bank oder gegebenenfalls auch einen passenden Vermögensverwalter finden, die in der Lage ist, das liquide Vermögen nun „State of the Art“ – auf der Höhe der Zeit – anzulegen, wie der Vater sich ausdrückt. Dazu gehört der Aspekt des nachhaltigen Vermögensmanagements.
Zwei Banken für ein Vermögen
Nochmalige „Klumpenrisiken“ wie zuvor durch die einseitige Kapitalbindung in Immobilien, will man nicht mehr eingehen. Eine Aufgabe, deren Tragweite dem Sohn, auf den die Verantwortung für die Banksuche übergegangen ist, zunehmend bewusst wird. Sie verschafft ihm schon jetzt unruhige Nächte. Klar ist, dass man auch beim Vermögenspartner nicht alles auf eine Karte (Bank) setzen möchte. Das Vermögen soll auf zwei Anbieter verteilt werden. Je Bank oder Vermögensverwalter stehen also knapp 5 Mio. Euro zur Anlage zur Verfügung.
Beide Söhne haben überdurchschnittlich hohe Einkommen aus ihren Berufen, Vater und Mutter sind gut versorgt aus Renteneinkünften, Versicherungen und zudem ist Kapital aus den bisherigen Mieteinnahmen bei der örtlichen Sparkasse in Fonds angelegt. Zwei Mio. Euro liegen dort als Anlage in Investmentfonds. Doch das gesamte Familienvermögen dort „unterzubringen“, erscheint wenig ratsam. Die Investmentkompetenz der Sparkasse, soviel ist in mehreren Gesprächen mit dem örtlichen Berater klar geworden, hat ihre Grenzen. Man wird das Geld zwar nicht abziehen, aber auch kein weiteres anlegen.
Die Anforderungen der Familie an die Anlage ihres Vermögens
Zumal die Familie einige eigene Überlegungen anstellt und daraus Anforderungen an die Anlage ableitet. Diese kann (und sollte) der Vermögensberater im Laufe des Kundengesprächs durch gezielte Fragen erfahren:
Der Kunde möchte einerseits volles Vertrauen zu seinen beiden Vermögensexperten haben können, denn die Bürde lastet schwer auf ihm. Dazu gehört sowohl ein transparentes Vorgehen und eine für ihn voll verständliche Anlage des Vermögens. Er erwartet eine “proaktive” Kommunikation, die ihn jederzeit mitnimmt. Dies ist sein innerster emotionaler Beweggrund.
Die sachlichen Ziele sind:
- Sicherung vor Inflationsverlust. Der Kunde selbst erwartet Inflationsraten für die nächsten Jahre, die nicht unter 4% liegen und bis zu 10% betragen können. Welche Erwartungen hat der Vermögensverwalter? Sieht er das ähnlich? Und wie will er der möglichen Erosion des Vermögens entgegentreten?
- Sicherstellung der Entnahmen. Pro Bank sind das 175.000 EUR zum Jahresende, um einerseits die Großeltern „auszahlen“ zu können und andererseits die eigenen Liquiditätsinteressen des Familienstamms zu befriedigen.
Die Politik bewegt die Gemüter
Daneben bewegen die Familie die politischen Rahmenbedingungen. Ist unter der Euroraum den zunehmenden Migrations- und Demografielasten gewachsen? Ist gar ein Zerfall des Euroraums möglich? Wie hoch sind die Kriegsrisiken in Europa? Und wäre da Deutschland nicht im Brennpunkt der Auseinandersetzungen? Wie könnte ein „Fluchtplan“ auch für das Vermögen aussehen? Sind Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit möglich? Gar eine Beschränkung der Reisefreiheit?
Wie könnte man dem entgegenwirken und vorbeugen? Was bedeuten diese Gedanken für den Portfolioaufbau?
Die Zukunft im Blick
Doch die Familie denkt auch in anderen Belangen an die Zukunft. Ein nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen, die die Erde zur Verfügung hält, scheint ihr geboten. Daher steht sie einer nachhaltige Anlage ihres Vermögens aufgeschlossen gegenüber, bevorzugt mit Schwerpunkt auf ökologischen und sozialen Aspekten. Dazu passt nur ein langfristige Anlagehorizont, der 10 Jahre übersteigt. Wie kann und will die Bank des Vertrauens damit umgehen?
Zeitweise Buchverluste von bis zu 30% vom erreichten Höchststand des angelegten Familienvermögens werden hingenommen, wenn sie sich gut begründen lassen, meint die Familie. Aber ist sie sich sicher, was das für ihr „Seelenheil“ bedeutet, wenn es tatsächlich dazu kommt? Hält sie die Belastung nervlich aus? Und selbst wenn der Vertreter der Familien GbR hier starke Nerven hat – haben es auch die beiden anderen Mitglieder? Fragen, die auch den Berater beschäftigen sollten.