In der einst so diskreten Schweiz macht ein neuer Bankertypus von sich reden: der unbescheidene Selbstdarsteller. Für Gesprächsstoff sorgt derzeit der designierte Vorstandsvorsitzende der schweizerischen Raiffeisengruppe, Patrik Gisel. Gisel postet für die Allgemeinheit zugängliche und wohl auch gedachte Fotos auf Facebook und Twitter, die ihn als Sportskanone mit Waschbrettbauch zeigen. „Rasierte Beine, glatte Brust – und der actiongeladene Freizeitkalender als neues Statussymbol“, spottet Inside Paradeplatz, ein Private-Banking-Blog aus Zürich.
Narzistische Selbstdarsteller sind ein allgemeiner Trend in den Vorstandsetagen weltweit. Dort gehört es mittlerweile zum guten Ton, sich als sportlich, durchtrainiert, gesund, abstinent und äußerst diszipliniert zu präsentieren. Längst gibt es eigene Social-Media-Berater wie „Die Portfoliooptimierer“, die „durch optimale Profile bei XING, LinkedIn und Co. mehr Erfolg“ versprechen.
Dass sich auch Banker aggressiv in den sozialen Medien vermarkten, ist dabei eine neuere Tendenz. Sie muss auch die Geldhäuser selbst beschäftigen, denn es geht dabei um ihre Reputation. Inside Paradeplatz glaubt zu wissen, „dass die meisten älteren Blogs (von Gisel) mittels Blackberry übermittelt wurden – ein Indiz, dass die Veröffentlichungen der privaten Einträge über die mobile Infrastruktur der Raiffeisen erfolgten“. Doch auch die UBS gestatte ihren Mitarbeitern, ihren Marktwert durch entsprechende Selbstpräsentationen in den sozialen Medien zu erhöhen.
Für die Unternehmen wird die Sache spätestens dann zum Problem, wenn die Poser aus der ersten, zweiten und dritten Reihe Unternehmensinterna preisgeben, um sich dick zu tun. Führungskader der Credit Suisse – deren abgetretener Chef Brady Dougan zumindest gehaltlich mit unbescheidenen rund 10 Mio. Franken Jahresgehalt von dannen zog – geben in ihren öffentlichen Profilen durchaus auch die Anzahl ihrer Mitarbeiter oder Budgetzahlen bekannt.
Fazit: Selbstvermarktung ist Geschmackssache. Aber um ein durchgehend präsentables Profil in den sozialen Medien zu führen, ist dauerhafte Disziplin gefordert. Darüber sollte in Vorständen und Aufsichtsräten gesprochen werden. Denn ein Missgriff kann negative Folgen für die Reputation haben.