Das Meister-Machwerk Kultbuch
"Das Kapital im 21. Jahrhundert" von Thomas Piketty liegt jetzt in Deutsch vor - und könnte zum Kult-Buch avancieren.
Am 7. Oktober bringt der Beck-Verlag einen ökonomischen „Schinken“ auf den Markt, der in den Vereinigten Staaten bereits zum Bestseller avanciert ist. Dann erscheint die deutsche Übersetzung des „Kapital im 21. Jahrhundert“ des französischen Ökonomen Thomas Piketty. Dessen zentrale These lautet in aller Kürze: Arbeit wird seit den 1970er Jahren schlechter verzinst als Kapital. Oder anders: Wer von Arbeit lebt, lebt schlechter, als wer sich von Kapital ernähren kann. Und zunehmend am besten geht es denen, die (viel) erben. Das führe in ein gesellschaftliches Desaster. Seine Lösung: eine global angelegte, stark progressive Steuer auf Kapitalerträge. Im angelsächsischen Raum schlägt die Diskussion zum Buch bereits Wellen. In der Schweiz hat sich der Ex-Banker Konrad Hummler in seiner „Bergsicht“ mit dem Buch intensiv auseinander gesetzt. Während es der amerikanische Nobelpreisträger Paul Krugman als „Meisterwerk“ bezeichnet, nennt Hummler es „Machwerk“ und „politisches Pamphlet“. Auch wenn er eingesteht, dass sich im betreffenden Zeitraum aus Pikettys umfangreichen Daten ein „Problem für die Lohneinkommen“ herauslesen lässt, rüttelt er doch an vielen Stellen an der Tragfähigkeit der Thesen des Franzosen. Wichtige Einwürfe lauten: Die Länge der gewählten Datenreihen, die Piketty zur Unterlegung seiner Thesen nutzt, sei willkürlich. Mal sind sie sehr lang, über Jahrhunderte zurückreichend, dann vergleichsweise kurz. Die Financial Times behauptet gar, an entscheidenden Stellen fehlten originäre Datenquellen oder die Daten seien „konstruiert“ worden. Hummler merkt an, dass Piketty Humankapital und Know-how aus seinen Betrachtungen ausnimmt. Auch seien die über Pensionskassen gebildeten Vermögen nicht erkennbar mit betrachtet worden. Zu den großen Staatsfonds mit immerhin 21,9 Billionen Dollar an Wertschriften im öffentlichen Eigentum sagt Piketty nichts.
Fazit: Bei aller methodischen, fachlichen und sachlichen Kritik hat das Buch, so Hummler, das Zeug zum Kultbuch. Es treffe den Nerv einer Generation. Reiche und Mittelstand sollten sich wappnen.