Indien wird in diesem Jahr ein geringeres Wirtschaftswachstum ausweisen. Der Grund: Das zuletzt gemeldete hohe BIP-Wachstum kam teilweise nur durch eine veränderte statistische Methode zustande.
Auslöser ist eine seit Januar 2015 neue Berechnungsweise. Zwar entspricht sie internationalen Standards. Ein guter Teil des jüngsten BIP-Zuwachses geht aber allein auf diese Statistik-Änderung zurück. So wurde die Bruttowertschöpfung zunächst zu Faktorpreisen ermittelt. Seit Anfang 2015 geschieht das zu Marktpreisen. Da in ihnen indirekte Steuern enthalten sind, liegt die Bruttowertschöpfung nach neuer Berechnung höher.
Besonders weitreichend sind die Anpassungen bei der neuen Berechnung der Industrieproduktion. Die Statistik erfasst die Daten nun auf der Unternehmensebene, nicht mehr auf Fabrikebene. Verkaufs- und Marketingausgaben werden im Gegensatz zu früher mit einbezogen. Ein weiterer Faktor, der das Wachstum statistisch antreibt, ist die Änderung des Basisjahres von 2004/05 auf 2011/12. Allein dies ließ das BIP 2013/14 anstatt um 4,7% um 6,9% wachsen.
Politisch ließ sich die Anpassung gut verkaufen. Denn die indische Regierung hat kräftig promotet, dass das BIP Indiens im Jahr 2015 stärker gewachsen sei als das Chinas. Das dürfte sich als Eintagsfliege erweisen. Denn statistische Änderungen wirken nur kurzfristig. Schon die BIP-Berechnungen für dieses Jahr dürften daher wieder geringere Zuwachraten zeigen.
Fazit: Die Auswirkungen nach den Veränderungen der indischen Statistik haben die Märkte positiv überrascht. Die Ernüchterung dürfte dieses Jahr folgen. Indiens BIP-Zuwachs wird eher bei 5% als bei 7% liegen. Das Land wird also noch einige Zeit brauchen, bis es China als zugkräftige Wachstumslokomotive Asiens ablöst.