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America first in der Außenpolitik

Emanzipation in der NATO

Stellvertretender Chefredakteur Stefan Ziermann
Fast 20 Jahre lang haben die USA und die NATO mit deutscher Beteiligung versucht, Afghanistan zu befrieden und auf einen demokratischen Weg zu führen. Nun ist die Mission beendet- und total gescheitert. Die Lehre aus dem Desaster: Europa muss sich innerhalb der NATO emanzipieren.

Der Truppenabzug der USA und NATO-Einheiten aus Afghanistan läuft auf vollen Touren. Spätestens bis zum 11. September sollen alle US-Truppen das Land verlassen haben - besser noch schneller. Auch die gut 1.100 Bundeswehreinheiten in Masar-i-Sharif im Norden des Landes packen derzeit zügig ihre Sachen. 

Damit endet der von den USA angestoßene Krieg gegen den Terror in dem Land. Der wurde nach den Anschlägen von 9/11 im Jahr 2001 auf die Twin Towers von New York und das Pentagon begonnen und hatte das Ziel, dem Taliban-Regime in Afghanistan den Nährboden zu entziehen. Denn das Land galt als Rückzugsort für die Terroristen um Osama bin Laden.

Militärisch und politisch vernichtende Bilanz

Die militärische Bilanz der Mission ist vernichtend. Über 3.500 NATO-Soldaten starben. Viele Beobachter und Militärs bewerten den Einsatz als Fehlschlag und urteilen, dass die Strategie eines militärisch gestützten Aufbaus demokratischer staatlicher Strukturen gescheitert ist. Für die Bundeswehr war Afghanistan mit 59 Toten der verlustreichste und teuerste Einsatz ihrer gesamten Geschichte (12 Mrd. Euro). Der US-Abzug ist dabei eigentlich das Eingeständnis militärischen Scheiterns. So wie es 1989 der Sowjetunion ging. Schon zwei Mal konnte überlegene Technik nichts gegen einige zehntausend Überzeugungstäter in besonderen gesellschaftlichen Strukturen ausrichten.


Hat sich der Einsatz politisch gelohnt? Ich denke nein. Die Bilanz ist ein Drama. Die Macht der Taliban ist keineswegs gebrochen, sie ist nicht einmal eingeschränkt. In dem Maße, wie sich die internationalen Truppen jetzt zurückziehen, rücken die Taliban vor. Sie kontrollieren bereits wieder erhebliche Teile des Landes und forcieren ihre Kampfhandlung gegen die Regierung ungeniert. Die USA freuen sich aber in wortreichen Ablenkungsmanövern darüber, dass die Nichtangriffsvereinbarung eingehalten wird. 

Afghanistan wird Europa destabilisieren

Das Ende der internationalen Afghanistan-Mission wird Europa langfristig destabilisieren. Schon in wenigen Monaten werden die Taliban wieder fast das gesamte Land in ihrer Hand halten. Die alten Clan-Strukturen wurden nie aufgebrochen, auch der blühende Opium-Anbau nicht verhindert. Im Gegenteil: Beides haben die USA während ihrer Mission strategisch versucht zu nutzen - und damit die Strukturen gestärkt und stabilisiert. Darauf bauen die Taliban jetzt auf. Und mit dem Abzug der internationalen Truppen wird Afghanistan sich selbst überlassen. Der Friedensvertrag ist nicht das Papier wert, auf dem er geschrieben ist. Die von den USA geschürte Hoffnung auf gemäßigte Taliban ist weiße Salbe für die EU, die mit Afghanistan nun ein neues altes Problem vor der Haustür hat.

Die absehbare Machtübernahme der Taliban wird den Einwanderungsdruck auf Europa erhöhen. Die Zahl der Menschen, die aus Afghanistan fliehen, nimmt bereits zu und wird die gesamte Region destabilisieren. Der Trek zieht über Iran, Irak, Syrien in Richtung Türkei. Wie dort die EU-Grenze gemanagt wird, ist in Brüssel lange bekannt. 

Europa muss sich emanzipieren

Das Ende der Afghanistan-Mission zeigt vor allem, was die von Joe Biden umgesetzte Trump-Devise „America first“ in der Außenpolitik für Europa bedeutet. In dem Maß, wie sich die Amerikaner zurückziehen, zwingen sie Europa dazu, sich klarer zu positionieren.

Für Deutschland und Frankreich bedeutet das, viel mehr als 2% des BIP für die NATO zu zahlen. Es wird zwingend, endlich gemeinsame europäische Ziele und Interessen zu definieren und diese emanzipierter und aktiver innerhalb der NATO zu vertreten. Ihr Stefan Ziermann

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