Früher war alles schlechter und es ging auch
Bei der Beobachtung des Grünen-Parteitags ist mir klar geworden: Deutschland wird noch lange einen Abstiegskampf führen müssen und an einen politischen Richtungswechsel ist nicht zu denken. Denn die Grünen sind zwar bereit, den "Preis fürs Regieren" zu zahlen. Sie machen dabei aber für mich haarsträubende Kompromisse, anstatt wenigstens konsequent ihre "Werte" über Bord zu werfen.
Der Parteitag hat mir erneut gezeigt, dass die Grünen auch jetzt noch nicht pragmatisch, sondern nach wie vor ideologisch unterwegs sind. Anders kann ich mir nicht erklären, dass sie einerseits für Waffenlieferungen stimmen, zugleich das Revival der fossilen Energien feiern und so viel CO2 wie lange nicht mehr über Kohle und Ölverbrennung in die Luft blasen wollen (was für uns noch doppelt teuer werden wird), sich aber nach wie vor hartnäckig dem Weiterbetrieb von AKW verweigern - obwohl doch "jede Kilowattstunde zählt".
Aber es sind nicht die Grünen allein, die den beispiellosesten Absturz Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zu verantworten haben werden. Auch die FDP, die noch vor wenigen Jahren "lieber gar nicht, als schlecht" regieren wollte, mischt jetzt kräftig mit. Unter Finanzminister Christian Lindner werden die konsumtiven Staatsausgaben massiv erhöht (z. B: Einwanderung direkt ins Sozialsystem, Bürgergeld). Lindner brüstet sich aber noch damit, die Schuldenbremse wieder einhalten zu wollen, obwohl längste dreistellige Milliardenbeträge in neuen Nebenhaushalten verpackt werden (Gaspreisbremse, Rüstungsetat).
Lust auf Abstieg
Kanzler Olaf Scholz verweigert nach wie vor die "bestellte Führung" (FB vom 29.08.). Auch das zeigt sich im AKW-Streit. Erst erhöht er den Druck auf die grün-gelben Streithammel. Aber trotz fehlender Einigung spricht der Kanzler weder ein Machtwort, noch macht er einen tragbaren Kompromissvorschlag. Unterdessen reiben sich Unternehmen und Verbraucher weiter an der prolongierten Energie-Unsicherheit auf.
Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass die Volksparteien sogar eine richtige Lust auf Abstieg verspüren. Wie anders soll ich die immer zahlreicheren Hinweise verstehen, dass man lernen müsse, mit Gasmangel, Stromknappheit und Blackouts umzugehen. Gerade erst hat Wolfgang Schäuble (CDU) erklärt, dass es auch mal an Strom mangeln könne und man sich dann halt einen "alten Pullover unterziehen" könne. Ich finde es erschreckend und inakzeptabel, wie leicht es sich die breite Politik mit dem Narrativ "Früher war alles schlechter und es ging auch irgendwie" macht.
Gemütliche Stunden bei Kerzenschein
Ich frage mich ernsthaft: Geht´s euch noch gut da oben? Wir reden doch nicht von ein paar gemütlichen Stunden zu Hause bei Kerzenschein. Ein Blick auf die Tankstellen-Unruhen in Frankreich, von denen es schockierende Bilder gibt, lassen doch erahnen, was auch in Deutschland noch geschehen könnte. Und ein Blackout, der immer öfter als möglich oder sogar wahrscheinlich debattiert wird, ist kein Kasperle-Theater. Wenn das Netz einmal außer Kontrolle ist, dann kann es Tage dauern, bis das wieder hochgefahren und eingepegelt ist. Denn heute sind nicht einmal mehr alle Kraftwerke in der Lage, sich selber neu zu starten.
Jeder Unternehmer, der mit einer Krise konfrontiert ist, würde sich auf sein Geschäftsmodell besinnen. Er würde versuchen, wenigstens den Kern zu schützen. Davon ist Berlin noch immer weit entfernt. Die politischen Entscheidungen der Ampel zeigen nach wie vor, dass es trotz manches Kompromisses vorrangig darum geht, parteipolitische Ziele zu bedienen anstatt dem deutschen Volke zu dienen und Schaden von ihm abzuwenden.
Die Ampel ist der Krise nach wie vor nicht gewachsen, weil sie sich nicht einig darüber sind, was der Kern des deutschen Erfolgs über Jahrzehnte war. Der Koalitionsvertrag heißt "Mehr Fortschritt wagen." Den sehe ich gerade nicht, nur Rückschritt. Da wir aber den Wind nicht ändern, sondern nur die Segel anders setzen können, sollte die Ampel endlich mehr Realität wagen. Denn was einmal verloren ist - bei Unternehmen, Jobs, Wohlstand, Finanzen und Vertrauen - das kommt so schnell nicht zurück.