Ursachenforschung
China wird allein durch die Orientierung zum Binnenwachstum hin nicht genügend Dampf in den Kessel bekommen. Weitere Reformen sind nötig.
Der aktuelle Ausblick der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) für 2015/16 stellt China noch 7,2% und 7,0% Wachstum in Aussicht. Das ist deutlich unter dem Durchschnitt der Jahre 2008-13. In den fünf Jahren nach der globalen Finanzkrise lag es immerhin noch bei 8,5%. Von den regelmäßig zweistelligen Raten vor 2008 einmal ganz zu schweigen. Mit diesen Einschätzungen folgt die ADB anderen Institutionen wie dem IWF und der Weltbank, die bereits ähnliche Prognosen geliefert haben. Hintergrund ist die Neuausrichtung der chinesischen Wirtschaft weg vom bisher verfolgten Modell, das auf starke Investitionen und Exporte setzte. China bewegt sich hin zu einer enger an der Binnennachfrage und vor allem am privaten Konsum orientierten Strategie. In diese Richtung weisen die Indizien einer Überinvestitionskrise in Form unterbeschäftigter Kapazitäten und leer stehender, unverkäuflicher Immobilien. Offenbar spiel(t)en für das chinesische Wachstum auch die Privatisierungen von Staatsfirmen eine tragende Rolle. Sie lösten erhebliche Produktivitätseffekte aus, die den enormen Wachstumsschub Chinas bedingten. Das belegt ein aktuelles Papier der Universität Chicago (Booth-School). Demnach wurden vor allem kleinere, weniger effiziente Staatsunternehmen privatisiert und die verbleibenden staatlichen Betriebe neu zusammengefasst. Sie bildeten ab sofort größere Konglomerate mit strafferer Führung. Das führte zu großen Produktivitätsfortschritten innerhalb des Staatssektors. Der durch Privatisierungen schnell gewachsene private Sektor musste unter dem Druck des Wettbewerbs ebenfalls schnelle Effizienzgewinne erzielen. Außerdem wurden ineffiziente Betriebe beider Sektoren geschlossen. Die Arbeitskräfte rückten überwiegend in effizientere Arbeitsplätze auf. Diese Umschichtungsprozesse haben sich allerdings verlangsamt. Denn die Privatisierungen gehen zurück. Unterm Strich müsst also auch der flachere Anstieg der Produktivität das Wachstum verlangsamen. Die aktuellen Einkaufsmanager-Indizes – sowohl der staatliche der CFLP als auch der private von HSBC/Markit – weisen jedenfalls auf eine bevorstehende weitere Abkühlung hin. Der staatliche liegt mit 50,1 Punkten zwar besser als erwartet (Konsens 49,7), aber dennoch hart an der Grenze zur Kontraktion. Diese Grenze hat der privat erhobene HSBC-Index mit 49,6 Punkten bereits unterschritten. Beide zusammen lassen wenig Zweifel daran, dass das Wachstum schwächer wird.
Fazit: Die beiden Erklärungen für den Rückgang des chinesischen Wachstums ergänzen sich. Zugleich macht die Studie deutlich, dass weitere Reformen im Staatssektors nötig sind, um das Wachstum anzukurbeln.