Auf die Herrschaft kommt es an
Betriebsverpachtung oder Betriebsaufspaltung - das ist hier die Frage, die der Bundesfinanzhof klären musste. Diese Frage ist relevant, denn sie entscheidet über wesentliche Unterschied in der Besteuerung.
Wer seinen Betrieb verpachtet, muss höllisch aufpassen. Denn eine Betriebsverpachtung kann leicht zu einer Betriebsaufspaltung führen. Der Unterschied ist groß: Denn nur wer sein Unternehmen im Ganzen an einen fremden Dritten oder ein fremdes Unternehmen verpachtet, muss keine Gewerbesteuer mehr bezahlen. Anders sieht es bei der Verpachtung an einen anderen Betrieb oder z. B. eine andere GmbH desselben Unternehmers aus.
Kernfrage: Wer beherrscht das Unternehmen?
Betriebsaufspaltung heißt, dass für den Betrieb der GmbH wesentliche Wirtschaftsgüter (z. B. das Betriebsgrundstück) auf den Pächter übergehen. Sie werden vom GmbH-Gesellschafter gemietet oder gepachtet. Steuerlich hat dies zur Folge, dass auf die Mieteinkünfte des Gesellschafters („Besitzunternehmer“) Gewerbesteuer zu zahlen ist. Die Wirtschaftsgüter, die der GmbH („Betriebsunternehmen“) überlassenen werden, gehören zum Betriebsvermögen des Gesellschafters. Wichtig: Wird eines der überlassenen Wirtschaftsgüter verkauft, ist der Veräußerungsgewinn in jedem Falle steuerpflichtig.
Erforderlich für eine Betriebsaufspaltung ist also, dass der Grundstückseigentümer tatsächlich die GmbH "beherrscht". Das ist regelmäßig der Fall, wenn er die Mehrheit der Gesellschaftsanteile hat. Ein Anteil von exakt 50% der GmbH-Anteile reichen dafür nicht. Sind sowohl ein Elternteil als auch dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt, dann sind die Stimmen des Kindes nicht dem Elternteil zuzurechnen. Das gilt zumindest dann, wenn in Bezug auf die Gesellschafterstellung des Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet ist.
Bundesfinanzhof musste entscheiden
Im Urteilsfall vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hatte die Ehefrau als Alleineigentümerin eines Gewerbegrundstücks dieses an eine GmbH ihres Mannes verpachtet. Nach dem Tod ihres Mannes wurde die Witwe zu 50% und die beiden Kinder zu je 25% Erben der GmbH-Anteile. Die Witwe wurde zur einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der GmbH bestellt. Für ein noch minderjähriges Kind wurde vom Familiengericht eine Ergänzungspflegschaft angeordnet, die u.a. die Gesellschafterrechte und -pflichten in der GmbH umfasste, und eine Ergänzungspflegerin bestellt.
Nach einer Betriebsprüfung nahm der Prüfer infolge der Verpachtung des Betriebsgrundstücks eine Betriebsaufspaltung zwischen der Witwe und der GmbH an. Das Grundstück sei deswegen im Jahr 2010 ins Betriebsvermögen einzulegen. Später wurden die beiden Kinder zu weiteren Geschäftsführern der GmbH bestellt. Deswegen entfiel nach Auffassung des Prüfers die personelle Verflechtung und damit die Betriebsaufspaltung zwischen der Frau und der GmbH, mit der Folge einer Betriebsaufgabe.
Aufspaltung entscheidet über Steuer
BFH und Finanzgericht sahen das anders. Die Frau beherrschte die GmbH schon vorher nicht, da sie lediglich zu 50% an der GmbH beteiligt war. Die Bestellung zur Geschäftsführerin änderte daran nichts. Die GmbH-Anteile des damals noch minderjährigen Kindes können der Frau infolge der Ergänzungspflegschaft mangels gleichgelagerter Interessen für die Frage der Beherrschung der GmbH nicht zugerechnet werden.
Auch die Voraussetzungen einer faktischen Beherrschung der GmbH durch die Frau waren nicht gegeben. Das Finanzamt durfte deswegen keine Betriebsaufspaltung annehmen, das Grundstück blieb in ihrem Privatvermögen. Es wurde daher keine Betriebsaufspaltung beendigt. Somit mussten auch die stillen Reserven des Betriebsgrundstücks nicht versteuert werden.
Fazit: Der steuerliche Unterschied zwischen Betriebsverpachtung und Betriebsaufspaltung ist groß. Entscheidend ist, wer das Unternehmen beherrscht.
Urteil: BFH, X R 5/19