Zu hohe Preisforderungen erkennen und abwehren
Je besser Einkäufe die Preisstrukturen und Preisbestandteile der Verkäufer kennen, desto größer ist ihre Verhandlungsmacht. Dieses Wissen schlägt gerade in Zeiten hoher Preisforderungen positiv zu Buche. Darum sollten Ihre Einkäufer jetzt möglichst viel über die Preise in Erfahrung bringen. Denn viele Verkäufer versuchen derzeit wieder, dem Einkauf höhere Preise (Begründung: Tarifabschlüsse) abzutrotzen.
In vielen Preisen von Lieferanten ist aber noch sehr viel Luft. Oft stecken noch hohe und inzwischen wieder ungerechtfertigte Kostenbestandteile der jüngsten multiplen Krisen in den aktuellen Einkaufspreisen. Das sagt Verhandlungsexperte Hans-Christian Seidel (Mühltal bei Darmstadt) zu FUCHSBRIEFE. Natürlich verschweigen auch viele Verkäufer tunlichst ihre intern realisierten Verbesserungen. Die haben sie unter Umständen durch Verlagerung an andere Standorte, Portfoliobereinigung, Personalstraffung, Einsatz neuer Technologien (wie automatisierte/digitalisierte Prozesse im Einkauf) und andere Faktoren erzielt.
Genau analysieren
Experte Seidel rät Einkäufern darum zu einer genauen Preisstrukturanalyse. Einfaches Beispiel: Bei einer Lohnerhöhung von 9% und einem Lohnkostenanteil bei den Gesamtkosten von 27% ergibt sich eine Preiserhöhung auf Produktseite von 2,43%. Wenn Sie das wissen oder halbwegs solide abschätzen können, dürften Sie überzogene Forderungen rasch herausverhandeln können.
Prüfen Sie auch die Preishistorie. Vergleichen Sie z.B. die Preise aus dem Jahr 2019 mit denen von heute. Sind die Ursaschen für Erhöhungen aufgrund multipler Krisen tatsächlich gerechtfertigt? Lassen sie sich das im Zweifel dezidiert auflisten bzw. begründen. Behalten Sie auch im Blick, wie die aktuellen Preisentwicklungen für Rohstoffe, Packmittel, Energie, Löhne, Frachten usw. sind (Das lesen Sie auch regelmäßig für diverse Rohstoffe und Branchen in den FUCHSBRIEFEN).
Gehen Sie auf Verkäufer zu
Verhandlungsprofi Seidel rät außerdem dazu, den Verkäufern zuvorzukommen. Starten Sie Aktionen präventiv und konfrontieren Sie ihrerseits den Verkäufer mit Forderungen nach Preisreduktion. Wenn Sie nachweisen können, dass ein Verkäufer Sie über den Tisch gezogen hat, dann fordern Sie eine nachträgliche Reduktion oder einen Sonderbonus (Einmalzahlung) als Schadensausgleich. Einen Versuch ist das bei relevanten Summen allemal wert.