DJ Draghi dreht die Märkte
Draghi hat gesprochen, doch die Jahresendrally dürfte das kaum beeinflussen.
Heute (Donnerstag) hat die Europäische Zentralbank (EZB) geliefert. Sie hat den Strafzins auf Einlagen erhöht. Banken, die Geld bei der EZB parken wollen, müssen dafür nun 0,3% Negativzinsen in Kauf nehmen (bisher 0,2%). Der Leitzins bleibt unverändert bei 0,05%, die Anleihenkäufe werden um mindestens sechs Monate ausgeweitet. Damit möchte die Notenbank die Kreditvergabe und die Inflation ankurbeln, in Richtung ihres Ziels bei „nahe, aber unter 2%“ hieven. Fundamental bleibt die EZB damit auf dem Holzweg. Denn die jüngsten Inflationszahlen deuten klar nach oben. Allerdings wird das durch die stark gesunkenen Ölpreise deutlich verzerrt. Nicht ohne Grund mahnt Bundesbankpräsident Jens Weidmann, dass die bereinigte Inflation eher bei 0,8 bis 1,5% anzusiedeln sei. Darauf verweist auch der Sparkassen- und Giroverband. Demnach ist die um die Energiepreise bereinigte Kernrate der Inflation seit Januar 2015 um 0,5 Prozentpunkte auf 1% gestiegen. Die Maßnahmen der EZB werden daher vor allem weiter an den Finanzmärkten wirken. Diese hatten die Währungshüter freilich schon vor ihrer heutigen Sitzung kräftig angeschoben. Darum liefen sie heute prompt in die andere Richtung. Der Euro machte einen großen Sprung nach oben. Es ging steil von 1,05 auf 1,07 EUR/USD hinauf. Der DAX dagegen knickt ein und fiel von seinem Tageshoch über 11.300 Punkten auf unter 11.200 Zähler ab. So stehen DAX, Euro und die Renditen der 10-jährigen Bundesanleihe praktisch wieder dort, wo sie vor einer Woche auch schon standen. Mittelfristig entscheidend ist für die Märkte aber, welche Maßnahmen die EZB noch in petto hat. Denkbar ist eine Ausweitung und/oder Verlängerung der Anleihenkäufe oder auch noch ausgeprägter negative Zinsen. Das wird die Hoffnung der Börsen auf eine weitere billige Geldversorgung antreiben. Kommen dann auch noch Anzeichen einer sich bessernden Konjunktur dazu, wird das die Börsen ebenfalls stützen. Aus dem Wechselspiel von Markterwartungen und Fakten lässt sich ein Blick in die Zukunft ableiten. Die Ankündigung der EZB zur Ausweitung der Käufe hat den Euro geschwächt, den DAX angetrieben. Zur Verkündung der Maßnahmen drehen die Märkte in die Gegenrichtung. Schließlich ist nun Gewissheit, worauf zuvor gewettet wurde. Dieser Bewegung wird ein neuer Dreh folgen. Dann geht es mit dem Euro wieder abwärts, mit den Renditen ebenfalls und mit dem DAX nach oben. Ein neues Szenario entsteht für die Märkte nicht. Die EZB flutet das System weiter mit billigem Geld. Die Renditen für Anleihen bleiben unter Druck. Der Euro bleibt im mittelfristigen Abwärtstrend. Wir rechnen mit einem Rutsch unter die Parität im nächsten Jahr. Unter dem Strich sind Aktien damit weiter die attraktivste Anlageklasse – wegen der Währungseffekte für Exporteure insbesondere in Europa.
Fazit: Die EZB dürfte die Jahresendrally der Aktienmärkte nicht stoppen. Der DAX wird nur eine kurze Bewegung nach unten machen. Bei 10.700 Punkten ist er kurzfristig gut unterstützt. Es bleibt beim nächsten Kursziel 12.000 Zähler. An schwachen Tagen kaufen.