Vehemenz der Fed unterschätzt
Wir passen unsere FUCHS-Devisen und Zinsprognose im Herbst 2022 an. Zwar hatten wir die Marschrouten der Notenbanken - und in ihrem Gefolge - der Zinsen und Währungen korrekt gesehen. Allerdings haben wir die Vehemenz unterschätzt, mit der vor allem die Fed agiert. Darum wurden unsere Prognosen von der Realität überholt - wir steuern nach.
Die US-Notenbank bleibt der Taktgeber an den Devisen- und Anleihemärkten - mit einem deutlich höheren Takt als von vielen erwartet. Sie hat die Leitzinsen bereits deutlich erhöht und auch klargemacht, dass an ein Ende der Zinsschritte noch nicht zu denken sei. Wir hatten diese Marschroute zwar erwartet, das konsequente Tempo der Fed aber unterschätzt. Darum waren unserer Prognosen insbesondere auf der Zinsseite trotz schon hoher Annahmen im vorigen Quartal noch immer zu gering.
Wir gehen jetzt von weiteren straffen Zinsschritten der Fed aus und passen daher auch unsere Prognosen weiter an. Bei den kurzfristigen Zinsen erwarten wir - im Gleichlauf mit der Fed - einen Anstieg in Richtung 5% Die US-Notenbank dürfte den Leitzins bis ins 1. Quartal hinein kontinuierlich anheben. Der neutrale Zins wird derzeit bei etwa 4,5% verortet. Die Fed hat aber bereits angekündigt, die Leitzinsen auf ein leicht restriktives Level zu ziehen. Entsprechend heben wir die Prognose der kurzfristigen Zinsen bis zur Jahresmitte 2023 an.
Noch kein Drehpunkt in Sicht
Einen Stopp- oder gar Drehpunkt bei den Leitzinsen sehen wir noch nicht. Der hängt entscheidend davon ab, ob die Fed die Inflation zügeln kann. Ist das nicht der Fall, besteht ein hohes Risiko, dass die US-Geldhüter die Leitzinsen auch noch weiter hart anheben (Volcker-Szenario), denn ihr ist bewusst, dass sie die Inflation stoppen muss.
Am langen Ende dürfte es angesichts der US-Inflationsrate ebenfalls weiter aufwärts gehen. Der Zinsanstieg wird moderater als am kurzen Ende sein. Wir gehen außerdem davon aus, dass sich die US-Konjunktur spürbar verlangsamen wird, insbesondere ab dem ersten Quartal. In eine technische Rezession ist die US-Konjunktur ohnehin schon gerutscht. Diese Abwärtsbewegung wird sich noch vertiefen. Die Fed wird dennoch an ihren Zinsschritten festhalten.
EZB und BoE versuchen Quadratur des Kreises
Auch für die Eurozone haben wir die Zinsdynamik unterschätzt. Zwar geht die Europäische Zentralbank (EZB) mit angezogener Handbremse gegen die Inflation vor. Die Riesen-Schritte der Fed geben ihr aber etwas mehr Spielraum als wir erwartet hatten. Auch für den Euroraum ziehen wir unsere Zinsprognosen daher hoch. Zugleich kalkulieren wir aber ein, dass sich auch die EZB an der Quadratur des Kreises versucht. Sie erhöht einerseits die Zinsen, um der Inflation Herr zu werden. Andererseits wird sie über das TPI versuchen, die Anleiherenditen in Europa zu kontrollieren und eine starke Differenzierung zu verhindern.
Diese Zinspolitiken spiegeln sich in der Währungsentwicklung wieder. Der Dollar ist die Währung der Stunde, die Fed wird den Greenback kräftig nach oben ziehen. Besonders stark sind die Effekte gegenüber dem Euro, in dem wir unsere Prognose nun weit unter die Parität schieben. Aber auch gegen das Pfund und den Yen wird der Dollar noch Boden gutmachen.
Franken wird als Ausweichwährung gefragter
Das Pfund schwächelt ebenfalls - sogar gegenüber dem Euro. Auch die Bank of England versucht, die Inflation mit Zinserhöhungen zu bremsen. Zugleich wird aber die Neuverschuldung scharf erhöht, um die steigenden Energiekosten abzufangen. Das ist eine ähnliche Linie wie die der EZB, allerdings in einem viel kleineren Währungsraum. Das hält das Pfund nicht aus und wird darum auch gegenüber dem Euro nachgeben.
Stark bleibt in diesem Umfeld der Schweizer Franken. Die Eidgenossen werden die Zinsen moderat anheben. Damit laufen sie parallel zur EZB. Allerdings wird die SNB den Franken nicht durch anderweitige Interventionen schwächen. Darum wird der CHF auch als Fluchtwährung weiter gefragt bleiben. Wir ziehen auch für den CHF unsere Prognose nach oben. Der langfristige Aufwärtstrend ist sehr fest.
Fazit: Der Zinsanstieg wird sich fortsetzen, besonders steil am kurzen Ende. Die US-Fed ist der Einpeitscher, alle anderen laufen hinterher - mehr oder weniger konsequent. Der Euro wird innerlich weich, der Dollar bekommt noch mehr Rückenwind. Je nachdem, wie erfolgreich die Fed bei ihrem Inflationsbremsmanöver ist, erwarten wir ein Auslaufen des Zinserhöhungszyklus gegen Mitte 2023.