EU gibt Großinvestoren mehr Macht
Die EU will großen Investoren einen größeren Einfluss auf die Führung börsennotierter Unternehmen verschaffen. Das höhlt die Rechte von Aktionären und Aufsichtsräten aus.
Die EU will Fondsgesellschaften mehr Einfluss auf die Unternehmensführung geben. Dazu hat sie eine neue Aktionärsrichtlinie auf den Weg gebracht. Sie enthält gesetzliche Vorgaben, die große Investoren zwingen sollen, den Vorständen und Aufsichtsräten stärker auf die Finger zu schauen. Geplant ist sogar, dass die Vorstände verpflichtet werden, in den direkten Dialog mit den Investoren zu treten. Im Juni soll dazu eine Regierungskonferenz in Berlin stattfinden. Derzeit durchläuft die Richtlinie die Entscheidungswege auf Ebene der Nationalstaaten. Großinvestoren wie Blackrock (ca. 5 Bio. Dollar Anlagekapital) begrüßen den wachsenden Einfluss. Neben ihrer Stimmrechtsausübung auf der Hauptversammlung könnten sie zusätzliche Informationen aus den Unternehmensführungen herauspressen. Das kommt einer Entmachtung des Aufsichtsrats gleich, der laut deutschem Aktienrecht den Vorstand kontrolliert, befürchtet die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex. Die großen Fonds bekämen das Recht auf einen privilegierten Zugang zu Unternehmensinterna. Das verschafft ihnen mehr Macht. Zumal sie ihren Informationsvorsprung auch zu medialen Attacken gegen unliebsame Vorstände nutzen können. Mit seinem Insiderwissen kann der Fondsmanager die Unternehmensvorstände zwingen, nach den vorrangigen Interessen des Fonds zu handeln und nicht nach denen seines Unternehmens. Während in den Aufsichtsräten mögliche Interessenswidersprüche problematisiert werden, übersieht die Richtlinie dieses Problem bei den Fondsmanagern. Die Übernahme angelsächsischer Gepflogenheiten würde das deutsche Aktienrecht beschädigen. Es sieht eine klare Trennung von Aufsichtsrat, Vorstand und Hauptversammlung vor – anders als das angelsächsische Recht, das Aktionären vergleichsweise viel schwächere Mitwirkungsrechte gibt.
Fazit: Der Entwurf der EU-Aktionärsrichtlinie ist unausgegoren und setzt falsche Prioritäten. Es kann nicht im Interesse der Stakeholder sein, dass große Investmentfonds noch mehr Macht erhalten.