UBS: Die Kluft zwischen Preis und Leistung
Bei der Schweizer Großbank UBS handelt es sich um einen der „dicksten Fische“ im Vermögensmanager-Test TOPS 2022. Die Schweizer verantworten ein Kundenvermögen von 1,1 Bio US-Dollar. Damit gehört die UBS zu den größten Vermögensverwaltern der Welt für Privatvermögen. Als Global Player ist die UBS weit vernetzt, unterhält Standorte in 45 Ländern und beschäftigt 66.000 Mitarbeiter, darunter eine „Armee“ an Experten, Portfoliomanagern und Analysten. Wer, wenn nicht diese Bank, könnte also geeigneter sein für unseren nach Sicherheit suchenden Privatkunden?
In der TOPS-Testhistorie gab es schon einige Besuche bei der UBS (und auch ihren deutschen Ablegern). Vollends überzeugt hat uns keiner davon. 2015 beklagten wir die „unpersönliche, fast arrogante Art, wie der Berater über unseren Kopf hinweg doziert.“ 2018 empfanden wir das Beratungsgespräch dann bereits als wesentlich angenehmer, allerdings stellte der Anlagevorschlag den Interessenten keineswegs zufrieden. Hier fehlte es deutlich an Informationen und Individualität. Und auch in diesem Jahr sehen wir eine Beratung, die stärker ist als der letztendlich eingereichte Anlagevorschlag. Aber der Reihe nach; das ist unser Kunde:
Der Kunde und sein Anliegen
- Anlagevolumen 3,5 Mio. EUR
- Langfristiger Anlagezeitraum 5 bis 10 Jahre
- Sicherheitsbedacht, möchte keine Verluste in den ersten fünf Jahren
- Zentraler Beratungsaspekt: Inflationsangst, extreme Staatsverschuldung, Angst vor sozialen Unruhen, Furcht vor Crash und Euro-Implosion
- Kundenwunsch: langfristige Vermögensanlage, Kapitalerhalt, nachhaltige Geldanlage (insbesondere bezogen auf Klimaaspekte)
- Interesse an Investments in KMU, da der Kunde überzeugt ist, dort bessere Renditechancen zu haben
Stärken der Beratung bei der UBS
Wie bereits angedeutet, können wir der Beratungsleistung bei der UBS in diesem Jahr durchaus einiges abgewinnen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Kunde das Glück hat, einen vor allem in der Nachbetreuung äußerst engagierten Berater zu treffen. Denn gerade zum Thema Nachhaltigkeit bei der UBS hat unser Kunde zahlreiche Rückfragen. Der Berater beantwortet sie wo er kann, liefert interne Dokumente nach und ist sich auch nicht zu fein, Wissenslücken bei dem Spezialthema zuzugeben. Er gleicht das aber damit aus, dass er eine UBS-Nachhaltigkeits-Expertin zu einem Zusatztermin heranzieht. Handlungsbedarf erkannt und gebannt – so viel Engagement haben wir in der Nachbetreuung in diesem Jahr selten erlebt – ein dicker Plusplunkt für die UBS!
Beratung via Skype
Auch im Beratungsgespräch verstärkt sich der Berater – und das ist vollkommen legitim – mit einem weiteren Experten. Im telefonischen Erstgespräch hat der Berater die Kundenbedürfnisse dahingehend korrekt ermittelt, dass es ihm um Vermögensabsicherungsstrategien geht. Der hinzugezogene Experte, ein Anlageberater, führt im via Skype stattfindenden Beratungsgespräch aus, dass auch die UBS durchaus „Wolken am Himmel“ sehe. Dabei lieferten die guten Unternehmensberichte aus dem ersten Halbjahr 2021 zwar einige Gründe, um optimistisch sein zu dürfen. Allerdings seien die Märkte immer schwankungsanfälliger und die Unsicherheit bei Konsumenten und Investoren hoch.
Gefahr würde außerdem von der Inflation ausgehen. Die UBS gehe allerdings nicht davon aus, dass sich der Anstieg weiter fortsetzen werde. Die Botschaft des Experten ist also optimistisch mit einer Portion Skepsis und Vorsicht. Die Schlussfolgerung des Experten ist, dass er zu einem gestaffelten Einstieg in die Vermögensverwaltung rät. Dadurch würden Risiken über einen längeren Zeitraum gestreckt. Insgesamt erleben wir also eine durchaus nachvollziehbare Botschaft mit klarer Ableitung. Soweit, so gut.
Schwächen in der Beratungsleistung der UBS
Weniger gut ist, dass sich der Komplex „Vermögensabsicherungsstrategien“ damit bereits erschöpft. Der Experte hätte noch ausführen können, welche Erwartungen die UBS für die verschiedenen Weltregionen und Branchen hat, wie die Schweizer mit Megatrends umgehen und wo sie weitere Gefahren insbesondere auf lange Sicht sehen.
Der weitere Fokus der Beratung liegt vor allem auf Nachhaltigkeitsthemen. Hier entgleitet der Kunde dem Berater ein wenig. Denn auch dieses Thema ist zwar spannend und treibt den Kunden um. Doch der Berater, der im telefonischen Vorgespräch noch richtig festgehalten hat, dass den Kunden die Angst um sein Vermögen umtreibt, hätte sich vergewissern sollen, dass dieser zentrale Aspekt wirklich umfassend abgeklopft wurde. So gelangen Kunde und Berater auf ein Nebengleis und kommen schlussendlich in den Zielbahnhof.
Der Preis ist (zu) heiß
Auch der Anlagevorschlag überzeugt den Kunden nicht. Da ist zuallererst ein ziemlicher Preishammer: Ein nachhaltiges Portfolio, das nur in Fonds anlegt, wird mit jährlich 1,65% bepreist. Sollte der Kunde darüber hinaus noch Einzeltitel beimischen wollen, erhöhen sich die jährlichen Gebühren auf satte 1,8%. Und das bei einer Anlagesumme von 3,5 Mio. Euro. Wie hoch die zu erwartende Rendite allerdings sein soll, erfährt der Kunde nicht, weder im Anlagevorschlag, noch in der Beratung. Der Kunde weiß also nur: Die UBS verdient mit seinem Vermögen ein kleines Vermögen – was er selber verdienen kann, bleibt im Dunkeln.
Auch inhaltlich reißt der Anlagevorschlag nicht vom Hocker. Die Portfolioaufteilung lautet auf 38% Anleihen, 58% Aktien und 4% Liquidität. Eine klare Ableitung aus den Kundenzielen erfolgt dabei nicht. Wie also werden die Kundenängste hier aufgenommen? Daneben fehlen zahlreiche Angaben, die sich in guten Anlagekonzepten regelmäßig finden lassen, wie etwa:
- Abgleich mit den Anforderungen des Kunden
- Historische Rückschau des Portfolios
- Crash-Simulation des Portfolios, Wie lange dauert die Erholung im Super-GAU?
- Detailblick der Portfolios in Branchen, Regionen und Währungen
- Individualität Fehlanzeige – wenigstens der Name des Kunden hätte auf dem Deckblatt auftauchen können
- Informationen zu Kosten (die oben genannten Kosten wurden im Beratungsgespräch erfragt)
- Informationen zum Investmentprozess (wurden immerhin in der Nachbetreuung im weiteren Dokument nachgeliefert)
Infomaterial statt echtem Anlagevorschlag
Um es ganz klar zu sagen: Das was uns die UBS mitgeschickt hat, ist kein Anlagevorschlag. Es ist eine grobe Orientierung zu einem Standarddepot, in dem die unterschiedlichen Titel aufgelistet werden. Das reicht dem Kunden keineswegs und hat auch mit Individualität oder einer qualitativ hochwertigen Beratungsleistung nur wenig zu tun.
Kontakt
Bahnhofsstrasse 45
8001 Zürich
Schweiz
Tel.: +41 44 234 11 11
Web: https://www.ubs.com/ch/de.html
Fazit: Die UBS in der Schweiz berät freundlich und durchaus engagiert und ermittelt auch die Kundenbedürfnisse zutreffend. Aber sie gewichtet diese nicht korrekt, lässt beim Anlagekonzept keine Individualität (das zentrale Merkmal des Private Banking) erkennen und ruft einen Preis auf, der "fern von Gut und Böse" ist. Kurz: Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt hier nicht.