Steuerfrei in der Spekulationsfrist verkaufen
Kann man ein Grundstück, das nicht zu Wohnzwecken geeignet ist, dennoch in der Spekulationsfrist steuerfrei verkaufen? Der Bundesfinanzhof hat jedenfalls so entschieden - und spart einem Kläger einen ganzen Batzen Steuern. Sie wissen: Liegen zwischen Kauf und Verkauf von Grundstücken weniger als zehn Jahre, handelt es sich um steuerpflichtige private Veräußerungsgeschäfte. Ausnahme: Die Immobilie wurde zu eigenen Wohnzwecken genutzt (mindestens in den drei Jahren vor der Veräußerung).
Ein findiger Eigentümer hat die Interpretation des Gesetzes nun auf die Spitze getrieben - und ist damit durchgekommen. Denn der Ausdruck "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" setzt lediglich voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Darunter kann auch ein seiner Beschaffenheit nach als dauerhafte Unterkunft und dauerhafter Aufenthalt bestimmtes und geeignetes Grundstück fallen, das mit einem „Gartenhaus“ bebaut und sogar baurechtswidrig dauerhaft bewohnt wird (BFH, IX R 5/21).
Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist
Der Kläger hatte für 60.000 Euro einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück gekauft. Dem früheren Eigentümer des Miteigentumsanteils war ein Gartenhaus mit einem Aufenthaltsraum (12,3 m²), ein Geräteraum sowie einem Freisitz (im Jahr 1967) unter der Auflage genehmigt worden, dass das Gebäude nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen genutzt werden darf. Der Kläger bewohnte das Gartenhaus dennoch dauerhaft. Hierfür gab es keine eigene Hausnummer mit Briefkasten, weil aus baurechtlicher Sicht in diesem Bereich nur Gartenhäuser mit max. 24 m² genehmigt worden waren, die nicht als Wohngebäude dienen und somit im Außenbereich ein Wohnen nicht zulässig war.
Etwa fünf Jahre nach dem Kauf (also innerhalb der Spekulationsfrist) veräußerte der Kläger seinen Miteigentumsanteil für 152.000 Euro. Der Kläger als Verkäufer versicherte laut Kaufvertrag, dass mit dem verkauften Miteigentumsanteil das Recht auf alleinige Nutzung verbunden sei und es sich bei dem Vertragsbesitz um ein Gartengrundstück mit Wochenendhaus und diversen Nebengebäuden handelt.
Finanzamt wollte Gewinn besteuern
Das Finanzamt berücksichtigte nach dem Grundstücksverkauf einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 82.000 Euro. Ein unbebautes Grundstück könne nicht eigenen Wohnzwecken dienen. Den dagegen (unter Vorlage von Fotos des Gartenhauses, von Unterlagen über eine Wohngebäudeversicherung sowie der Abrechnungen über Strom und Wasser samt Umlage und einer Rechnung über einen Gasheizofen) eingelegten Einspruch begründete der Kläger damit, dass es sich um kein unbebautes Grundstück handele. Es sei vielmehr mit einem Bungalow mit 60 m² Wohnfläche bebaut, den er zu eigenen Wohnzwecken während der gesamten Besitzdauer genutzt habe und wofür es einen genehmigten Bauplan gebe.
Das Anwesen sei mit einer mit Gas betriebenen Außenwandheizung beheizt und hinsichtlich Wasser und Abwasser, Strom und Telefon voll erschlossen. Es sei unerheblich, dass vor über 50 Jahren einem Voreigentümer das Anwesen nur mit der Auflage genehmigt wurde, dass das Gebäude nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen genutzt werden darf. Von den Baubehörden sei die Nutzung zu Wohnungszwecken geduldet worden und dieser Nutzung komme Bestandschutz zu. Es handle es sich auch nicht um ein unbebautes Grundstück mit Garten-/Wochenendhaus, sondern um ein zu Wohnzwecken genutztes Anwesen, das dazu tatsächlich bestimmt und geeignet gewesen sei, ihm dauerhaft Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Auf die rechtliche Zulässigkeit eines dauerhaften Wohnens komme es nicht an. Der BFH teilte diese Sichtweise. Der Veräußerungsgewinn ist für den Mann somit steuerfrei.
Fazit: Immobilien können auch innerhalb der Spekulationsfrist steuerfrei verkauft werden, wenn sie bewohnt wurden. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie für Wohnzwecke zugelassen sind sind, wenn die Nutzung von den Behörden geduldet wurde.