Nächste Etappe in der Bärenmarkt-Rally
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat geliefert. Das war keine Überraschung. Viel wichtiger als ihr Zinsschritt um 75 Basispunkte ist die Leitlinie für künftige Entscheidungen. Die haben die europäischen „Geldhüter“ heute grob umrissen.
Wir lesen aus den Worten von EZB-Chefin Christine Lagarde heraus, dass die EZB zwar auch weiterhin die Zinsen anheben wird. Klar ist für uns aber auch, dass die Notenbank zu spät kommt und mit Rücksicht auf die hoch verschuldeten Südstaaten nicht besonders aggressiv die Zinsen hochziehen wird. Auch die absehbare konjunkturelle Abkühlung, die aller Voraussicht im Winter einen Heizkosten- und Konsumschock erleiden dürfte, wird die Gangart der EZB zügeln. Die Geldhüter sind derzeit gezwungen, in die beginnende Rezession hinein zu straffen.
Yen implodiert
Die EZB fährt damit aber immerhin noch einen anderen Kurs als die Bank von Japan. Die bleibt weiter extrem expansiv und hat bisher keinerlei Andeutungen gemacht, die Zinsen ebenfalls anzuheben - nicht einmal moderat. Die Folgen zeigt der Japanische Yen, der in einen steilen Absturz übergegangen ist. Beunruhigend ist dabei nicht mehr nur der schon länger bestehende Abwärtstrend (wie Leser von FUCHS-Devisen wissen), sondern jetzt auch die Geschwindigkeit der Abwertung. Auf der anderen Seite ergeben sich daraus für Aktienanleger auch Chancen in Nippon (FK vom 9.6.).
Unsere These, dass insbesondere fossile Energien und Versorger die Gewinner in der aktuellen Lage sind, bekommt gerade ein politisches Fundament. Denn der von der EU debattierte Gaspreisdeckel wird eine verpuffende Blendgranate sein. Der Gaspreisdeckel soll nur für russisches Gas gelten. Das fließt aber ohnehin kaum noch nach Europa. Zudem hat Moskau klar kommuniziert, dass es keine Gas an Länder liefern wird, die entgegen marktwirtschaftlichen Mechanismen der Preisfindung und entgegen bestehenden Lieferverträgen agieren.
Fossile Versorger auf der Gewinnerseite
Gas aus anderen Quellen wird darum vergleichsweise teuer bleiben, auch wenn wir den Gaspreis-Peak voraussichtlich hinter uns haben (FB vom 8.9.). Ein ähnliches Bild sehen wir bei den Strompreisen. Die EU will den Preis für Strom, der aus Gas erzeugt wird, auf 200 Euro je Megawattstunde begrenzen, so ein Analyst von CMC. "Dass Unternehmen wie RWE und E.on diese Nachricht positiv aufnehmen, zeugt davon, dass der Markt von einer weitaus niedrigeren Obergrenze ausgegangen war." Die Strompreise dürften vermutlich nicht merklich fallen, die Versorger gute Einnahmen erzielen, wenn sie preiswerter produzieren.