Wie viel Aktien für eine auskömmliche Rendite?
Die Zinsen sind auf dem tiefsten Stand seit Langem gefallen. -0,40 % beträgt die aktuelle Rendite für 10-jährige Bundesanleihen (Stand: Anfang Juli 2019) – die Messlatte für den sog. „risikolosen Zins" für Langfristanlagen. Damit sinkt auch der potenzielle Vermögenszuwachs, den Anleger von ihrer Vermögensverwaltung erwarten können.
Der Grund: Die Rendite einer Kapitalanlage ist die Addition des sog. „risikolosen Zinses" plus einer Renditeprämie. Genauer gesagt: einer Risikoprämie. Denn der Anleger geht mit anderen Anlageformen Risiken ein. Diese Prämie bleibt – zumindest ist dies bei Aktien festzustellen - über einen langen Anlagehorizont konstant. Für eine breite internationale Aktienanlage können 6,5% Risikoprämie angenommen werden. Wer stärker das Risiko sucht und Schwellenländer-Aktien wählt, darf eine Risikoprämie von ca. 8 bis 9% erwarten.
Die Notenbanken haben die Logik des Risikos bei Anleihen durcheinandergebracht
Auch bei Anleihen sind Prämien für das Eingehen von Verlust- und Zinsänderungsrisiken vorhanden. Doch diese sind nicht konstant. Denn durch die Käufe der Notenbanken ist die Logik hinter dem Risiko außer Kraft gesetzt worden. Wer heute eine Hochzinsanleihe kauft, die früher 10% Risikoprämien brachte, muss sich mit Werten um 1 bis 3% zufriedengeben. Werden diese Erkenntnisse objektiv betrachtet und auch Steuern und die typischen Kosten für eine Vermögensverwaltung berücksichtigt, ergibt sich für Anleger ein ernüchternder Blick.
Auf Basis der aktuellen Daten ergeben sich für eine Langfristanlage von z. B. zehn Jahren je nach Portfolioausrichtung sehr geringe Renditeerwartungen. Im Beispiel wurde ein internationales Aktienportfolio mit einer Renditeerwartung von 5,9%, das Anleiheportfolio mit (überschaubaren) Ausfall- und Zinsänderungsrisiken mit 0,2% berechnet. In diesen Werten sind bereits die Kosten für die Finanzinstrumente wie Indexfonds enthalten.
65 Prozent Aktienquote im Portfolio sind heute „Pflicht!
Auf Basis dieser Zahlen ist gut zu sehen: Wer sein Vermögen nach Inflation erhalten will, sollte die Aktienquote bei ca. 65% justieren. Erst darüber gibt es einen realen Vermögenszuwachs. Alle Werte darunter führen aus heutiger Sicht zu einem realen Verlust. Als das Zinsniveau noch höher war, reichte eine Aktienquote von ca. 50 %. Wer sein Vermögen nur nominal (also ohne Inflationsausgleich) erhalten will, benötigt auch Aktien: ca. 20 %.
Die schlechte Nachricht: Das Schwankungsrisiko hat sich nicht reduziert. Im Krisenfall ist ein temporärer Vermögensrückgang bei Aktien von 50% und mehr denkbar – glücklicherweise temporär, denn bei einem weltweit gestreuten Aktienportfolio ist ein finaler Verlust sehr unwahrscheinlich.
Übrigens: Vermögensverwalter, die mehr versprechen, spielen mit dem Feuer, weil das Enttäuschungspotenzial für deren Kunden groß ist. Denn alle Profis haben denselben Kapitalmarkt wie alle anderen zur Verfügung. Die Hoffnung, dass Vermögensverwalter durch Timing-Entscheidungen oder dem berühmten „7. Sinn" einen deutlichen Mehrwert erzielen, ist ausreichend widerlegt. Wenn es jemanden mal gelingt, dann nicht auf Dauer. Vielmehr sind gute Vermögensverwalter demütig genug und sagen, dass sie keine Renditen „aus dem Hut zaubern" können, auch nicht mit scheinbar einmaligen Strategien.
Fazit:
Anleger müssen, um das Vermögen real zu erhalten, in einer Null-Zins-Zeit hohe Aktienquoten fahren. Wer einen langfristigen Anlagehorizont hat, kann die Schwankungen fachlich betrachtet aushalten. Die menschliche Psyche hat dagegen ggfs. noch eine Lernphase vor sich!