Versorgungssicherheit wird wichtige strategische Aufgabe
Unternehmen insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg müssen sich mittelfristig auf häufige Energie-Engpässe einrichten. Daran werden auch die vielen anderslautenden Beteuerungen und Pläne der Politik nichts ändern. Das Grundproblem ist schlicht der Ausstieg aus der Atom-Energie und der parallele Rückzug aus der Kohle.
Die sich abzeichnende Versorgungslücke ist enorm. Für Baden-Württemberg hat Werner Götz, Chef des Leitungsnetzbetreibers Transnet BW, das gerade vorgerechnet. Demnach benötigt das Bundesland derzeit täglich eine Spitzenlast von 11 GW. Die Energiewende bedeutet in den nächsten Jahren praktisch einen Verlust von 8,5 GW Spitzenlast. Diese Verluste lassen sich nicht mehr durch Stromerzeugung in dem Bundesland auffangen. Die Abhängigkeit von Stromimporten aus anderen Bundesländern steigt kräftig an.
Regierung ist fahrlässig
Die absehbaren Versorgungsprobleme könnten – theoretisch – gelöst werden. Die vielen Stromleitungen, die aus dem Norden in den Süden der Republik benötigt werden, müssen dazu aber erst noch gebaut werden. Werner: "Kritisch ist, dass die Planungsverfahren etliche Jahre dauern" und von hoher Unsicherheit (Stichwort Bürgerbeteiligung) geprägt sind. Werner mahnt auf der Veranstaltung zum Thema "Transformation des Industriestandortes Deutschland": "Das Zeitfenster, das wir für die Transformation haben, wird in der Praxis nicht reichen."
Fahrlässig ist, dass die Bundesregierung und das Wirtschaftsministerium noch nicht einmal den künftig benötigten Energiebedarf berechnet haben. "Es gibt keine Kalkulationen, wie viel Strom wir in Baden-Württemberg im Jahr 2030 benötigen", klagt Werner.
Unhaltbare Zustände
Vor dem Hintergrund der politisch forcierten Energie- und Mobilitätswende ist das nicht haltbar. Denn der Strombedarf wird sich durch das Forcieren der E-Mobilität – und künftig soll auch mehr mit Strom geheizt werden – stark verändern. Sowohl die benötigte Leistung, aber auch die Zeiten der Spitzenauslastung, werden sich stark verschieben. Ohne Szenarien dafür hat die Energiewende schlechte Erfolgsaussichten.
Mahnendes Beispiel: Schweden mit Stromproblemen
Wie groß das Risiko ist, zeigt ein Blick auf Schweden. Dort wird viel mit Strom geheizt und die E-Auto-Dichte ist schon hoch. In diesem Winter war das Land erneut in eine Stromkrise gerutscht. Es gab zu wenig Strom, die Energie wurde aus Kohlekraftwerken Deutschlands hinzu gekauft und die Preise schossen steil in die Höhe. Die Regierung sah sich sogar gezwungen, Bilder zu plakatieren und die Menschen aufzufordern, aus Stromfresser wie Staubsauger, Heizung und Öfen zu verzichten und sie ganz sparsam einzusetzen.
Wie weit die deutsche Politik von der Realität entfernt ist, machte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf der Veranstaltung deutlich. Um bei der Transformation des Standortes D erfolgreich zu sein, bräuchten wir "noch mehr Infrastrukturförderung für E-Autos und Ladestruktur, viel mehr Regulierung und eine massive Förderung für bestimmte Technologien", sagte der Arbeitsminister.
Fazit: Das größte Praxisrisiko für Unternehmen sind schon in absehbarer Zeit ernste Energieengpässe und Stromausfälle.
Empfehlung: Kümmern Sie sich als Unternehmer in einer energiesensiblen Branche um zumindest zeitweise Autarkie bei der Stromversorgung. Dies ist eine strategische Kernaufgabe. Auf die Politik sollten Sie sich nicht verlassen. Hier herrscht eine früher selten gekannte Naivität vor.