Zwei Jahrzehnte ohne Wachstums-Puste
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) wagt in ihrem neusten Quartalsbericht einen langfristigen Ausblick auf die weltweite Wirtschafts- und Produktivitätsentwicklung. Und so viel lässt sich bereits sagen: Die Szenarien zeigen eine Weltwirtschaft auf Entschleunigungskurs. Selbst wenn sich die Produktivitätswachstumstrends aus der Zeit vor der Pandemie wieder durchsetzen, könnte das globale Wachstum in den nächsten zwei Jahrzehnten durchschnittlich nur etwa 2,7% pro Jahr betragen. Das wäre etwa 1 Prozentpunkt weniger als der Durchschnitt in den 2010er Jahren. Dies ist größtenteils das Ergebnis eines erwarteten niedrigen Arbeitsproduktivitätswachstums. Hinzu kommt eine prognostizierte Verlangsamung des Beschäftigungswachstums aufgrund der Bevölkerungsalterung. Länder, die eine gute digitale Infrastruktur haben, dürften dauerhaft einen höheren Wachstumspfad beschreiten (+1%).
Erhebliche Risiken vom Immobilienmarkt
Die Wachstumserwartung für aufstrebende Volkswirtschaften ist höher. Doch auch dort geht das jährliche Wachstum von etwa 4,7% im Jahr 2024 auf 4% bis 2040 zurück. Dies liegt deutlich unter der Wachstumsrate der Schwellenländer von 5,3% in den 2010er Jahren. Zwei Faktoren tragen zu dieser Verlangsamung bei. Der erste ist ein erheblicher Rückgang des Beitrags des Beschäftigungswachstums – von 0,7 Prozentpunkten im Jahr 2024 auf –0,1 Prozentpunkte im Jahr 2040. Der zweite ist der Rückgang des Produktivitätswachstums.
Bedeutsame Risiken drohen vom Immobilienmarkt. Evergrande war hier nur ein Vorbote. Eine Krise auf den hoch bewerteten Immo-Märkten könnte einen langanhaltenden Rückgang des Wachstums der Arbeitsproduktivität und eine Verschiebung der Beschäftigungsmuster verursachen. Das BIP-Niveau könnte allein in China um fast 15% sinken. Kommt es zu einer schweren Immobilienkrise, braucht es fünf Jahre, um die Talsohle zu erreichen. Danach folgen sieben weitere Jahre, um das Niveau vor dem Einbruch wieder zu erreichen.
Auch der (geordnete) Wandel zu einer grünen Wirtschaft bringt mehr Kosten als Nutzen. Das Wachstum der Arbeitsproduktivität in kohlenstoffintensiven Industrien, insbesondere im Energiesektor, geht zunächst zurück, da „braune“ Technologien aufgegeben werden und die Vorteile neuer Investitionen nur langsam zum Tragen kommen. Insgesamt senkt dies das BIP um rund 1–2 % relativ zu den Benchmark-Prognosen. Bis 2030 ist der Übergang zu grüner Energie jedoch weitgehend abgeschlossen, und das Wachstum der Arbeitsproduktivität steigt in allen Branchen – angeführt von der grünen Energiebranche. Bis 2040 ist das BIP im Durchschnitt um 1 % höher.
Der ungeordnete Übergang wäre mit erheblichen Kosten verbunden. Eine rasche Abschaltung kohlenstoffintensiver Energiequellen ohne leicht verfügbare grüne Ersatzstoffe verursacht einen kurzfristigen Rückgang der Arbeitsproduktivität der Energiebranche um fast 30 %. Dies führt in den ersten fünf Jahren zu einem starken Produktionsrückgang zwischen 5 und 10 % im Vergleich zur Benchmark. Da davon ausgegangen wird, dass der anfängliche Einbruch der Energieinvestitionen den technologischen Fortschritt in dieser Branche behindert, ist ein Teil des Rückgangs der Produktion dauerhaft.