Adblue-Knappheit gefährdet öffentlichen Nahverkehr und Gütertransport
Die Logistikbranche fährt mit hohem Tempo in eine Versorgungslücke. AdBlue fehlt. Derzeit geben schon 40% der Omnibusbetreiber an, aufgrund des akuten Mangels am notwendigen Harnstoff für moderne Dieselmotoren nicht mehr alle Busse im Betrieb halten zu können. Damit hat sich die Lage binnen Monatsfrist dramatisch verschlechtert. Mitte November hatten "nur" 18% nicht mehr genug Reserven. 68% der Speditionen befürchten zudem, dass sie bald nicht mehr genug Harnstoff vorrätig haben. Bei 7% ist das schon heute der Fall.
Verbände kaufen bereits auf Vorrat
Der Bundesverband der Omnibusbetreiber und der Bundesverband Güterverkehr, Logistik und Entsorgung steuern schon aktiv gegen. Sie haben für ihre Mitglieder bei den Stickstoffwerken Priesteritz begonnen, sich zusätzliche Reserven direkt zu sichern. Bereits Anfang Dezember sind 150 Bestellungen dort eingegangen.
Wer aber kein Verbandsmitglied ist, könnte bald in die Röhre schauen. Denn AdBlue wird zur Mangelware. Das gilt auch für alle anderen, die mit entsprechenden Abgasreinigungsanlagen unterwegs sind. Besonders schadstoffarme Diesel mit Euro 6d können ohne Adblue nicht fahren. Mit dem AdBlue werden die Stickoxid-Emissionen reduziert.
Der Preis für den Harnstoff steigt
Neben der angespannten Versorgungslage ist auch der Preis ein Problem. AdBlue ist binnen Jahresfrist deutlich teurer geworden. Der Preis hat sich binnen Jahresfrist glatt verdoppelt. Allerdings ist die Bandbreite hoch.
Die Aufschläge liegen bei 100 bis teilweise sogar 200%. Endverbraucher zahlen derzeit im Durchschnitt 20 Euro pro Liter des Harnstoffs. Derzeit kosten 10 Liter ab 23,50 Euro. Im März 2019 lagen die Endverbraucherpreise noch um einen Euro je Liter.
Heftiger Preisanstieg bleibt länger bestehen
Der Preisanstieg hat Folgen. Für 32,5% der Logistiker ist AdBlue schon jetzt schlicht zu teuer. Allerdings haben sie letztlich keine große Wahl. Ohne AdBlue müssen sie die Fahrzeuge irgendwann stehenlassen. Also wird der hohe Preis gezahlt (sofern AdBlue zu bekommen ist) - und in die Preiskalkulation einbezogen.
Ergaspreisanstieg als Ursache
Der Grund für den galoppierenden AdBlue-Preis und den Mangel ist der hohe Erdgaspreis. Aus dem Energierohstoff wird Wasserstoff gewonnen, aus dem wiederum Ammoniak gemacht wird. Das wird von den Produzenten für die Herstellung von Adblue und von Düngemitteln parallel verwendet. Aufgrund des hohen Preises hält sich die Landwirtschaft jedoch mit Düngemittelkäufen zurück.
Die Hersteller haben keine Lagerkapazität mehr und reduzieren deshalb die Ammoniak-Produktion. Das bremst auch die AdBlue-Produktion. Darüber hinaus wird der jetzt nicht produzierte Dünger im Frühjahr fehlen und die landwirtschaftliche Produktion 2022 vermutlich negativ beeinflussen. Auch das dürfte preistreibend wirken.
Politik hat Energiepreis-Kettenreaktion in Gang gesetzt
Die Politik hat den Schneeballeffekt, den die CO2-Steuer auslöst, nicht übersehen. Der führt inzwischen zu großen Verwerfungen auf den Märkten und wird die Inflation auch im Januar anheben. Die mittlerweile angeheizte Spekulation mit CO2-Zertifikaten verteuert die Produktion bei den Ammoniak-Produzenten zusätzlich.
Die AdBlue-Krise zeigt auch, dass erhebliche Investitionen in die Wasserstoffproduktion mit regenerativen Energien nötig sind, damit nicht zu viel Erdgas dafür absorbiert wird. Die Abschaltung der regelbaren Grundlastkraftwerke macht Strom auf Dauer zu einem Mangelprodukt in Deutschland. Preiserhöhungen und Rationierung werden die Folge sein. Die Gefahr der Deindustrialisierung mindestens der energieintensiven Wirtschaft ist eine ernst zu nehmende Bedrohung.
Fazit: Der AdBlue-Mangel wird voraussichtlich bis zum Frühjahr anhalten. Wenn dann der Verkauf von Düngemitteln - dann auch zu höheren Preisen - anzieht, wird auch die AdBlue-Produktion wieder steigen. Die Preise für den Harnstoff werden wegen teurerer Vorprodukte dennoch nur teilweise wieder zurückgehen. Und die aufgestaute Nachfrage dürfte nur langsam abgebaut werden.
Empfehlung: Ordern Sie ggf. für Ihren Privatwagen frühzeitig AdBlue, damit Sie bei längeren Lieferzeiten nicht in Probleme geraten.