Banken differenzieren Risiken
Die Zinsen für Unternehmenskredite steigen. Das Ende des Anstiegs ist noch nicht erreicht.
Der Zinsmarkt hat deutlich auf den Testballon der Europäischen Zentralbank (EZB) zu ihrem Exit aus dem Anleihenkaufprogramm reagiert. Die Renditen haben einen kräftigen Sprung hingelegt. Die deutsche 10-Jährige notiert mit 0,54% inzwischen deutlich über dem Vormonats-Niveau. Am kurzen Ende liegt der Zins bei -0,62% für 2-Jährige. Die Zinsstrukturkurve ist insgesamt stärker geworden.
Das Ende des Renditeanstiegs ist noch nicht erreicht. Es gibt sogar Marktteilnehmer, die sich für die deutsche Rendite auf 0,75% bis zum Jahresende einstellen. Die meisten Beobachter halten die Zinsen aber für ausgereizt. Gut 90% der Anleihen- und Aktienhändler rechnen mit einem ersten Zinsschritt der EZB erst im Juli 2018.
Die weitere Zinsentwicklung hängt eng an der Glaubwürdigkeit der EZB. Einerseits verwiesen die Notenbanker jüngst noch auf die gute Entwicklung der Konjunktur. Andererseits betonen sie, dass die Inflation ihr Ziel von „nahe, aber unter 2%“ noch nicht nachhaltig erreicht habe. Außerdem haben die europäischen Geldhüter ein Euro-Problem. Denn der steigende Euro mindert den Inflationsdruck (z. B. weil die Energieimporte preiswerter sind). Aber: Ein steigender Euro belastet die Exportwirtschaft – insbesondere beim Wirtschaftsschwergewicht Deutschland (siehe Beitrag „Vier vor dem Fall“ auf Seite 1).
Die EZB muss angesichts dieser ambivalenten Situation auf Zeit spielen. Darum sendet sie permanent widersprüchliche Signale. Der Markt allerdings beginnt den Exit der Notenbank allmählich einzupreisen. Das wird die Zinsen auch weiter sanft anheben.
Die Banken beginnen, ihre Kreditkonditionen zu differenzieren. So wurden die Kreditvergabebedingungen für große Unternehmen zuletzt erneut gelockert. Die Mehrzahl der Institute hat die eigenen Risikoaufschläge zugunsten von Kreditzusagen reduziert, so die EZB in ihrer neuesten Bankenbefragung. Das drückt natürlich auch die Marge der Banken. Allerdings zeigt eine Studie der KfW, dass gerade junge und kleine Unternehmen wieder schwieriger an Kredit kommen. Die Banken bewerten diese Ausfallrisiken wieder strenger.
Die Kreditkosten werden auch wegen eines Urteils des Bundesgerichtshofs steigen. Das Verbot standardisierter Bearbeitungsgebühren wird insbesondere kleinere Unternehmenskredite verteuern. Das geschieht entweder über die Zinsen oder die Bank wird Ihnen individuelle Prüfgebühren berechnen (FB vom 6.7.).
Fazit: Die EZB versucht, die Zinsen am kurzen Ende am Boden zu halten. Der Konjunkturentwicklung zieht das lange Ende hoch. Das Kreditumfeld bleibt noch günstig. Aber die Zinsen klettern.