Gefährliche Camouflage
Deutsche Produkte sind hochwertig und begehrt. Doch sie werden immer teurer produziert. Warum dies kaum bemerkt wird.
Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit erodiert – und kaum jemand merkt’s. Der Grund: Unsere Außenhandelsstruktur gepaart mit dem Preiseffekt des sinkenden Euro verhüllt die aufkommende Wettbewerbsschwäche. Deutsche Waren werden für Käufer in vielen Ländern günstiger, obwohl die Herstellungskosten (Lohnstückkosten) steigen. Seit 2007 ziehen bei uns die Arbeitskosten deutlich an. Im Ausland blieben sie im selben Zeitraum gleich oder sanken. Im Schnitt hat das Ausland inzwischen einen Arbeitskostenvorteil von 22%, der Euroraum von 18%. Gleichzeitig verbessert sich die Produktivität in Deutschland kaum noch. Von 2007 bis 2014 betrug der Anstieg jeweils nur 0,5%. Allerdings sind nur die skandinavischen Länder, Belgien, die USA und die Niederlande produktiver als wir. Die Vergleichsländer insgesamt liegen 12% unter dem deutschen Niveau. Der Euroraum liegt sogar um 14% unter der Produktivität Deutschlands. Von den Lohnstückkosten her ist die deutsche Wirtschaft jetzt in derselben schlechten Position wie im Krisenjahr 1999! Allein von 2011 bis 2014 verschlechterte sich die Lohnstückkostenposition Deutschlands um 5%. Das hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) errechnet. Dennoch schlägt das nicht auf den Absatz durch. Die deutsche Exportwirtschaft wird durch den schwachen Euro angetrieben, der stärker gefallen ist, als die Lohnstückkosten gestiegen sind. Gegenüber dem Yen verlor der Euro 2015 gut 4%, gegen das britische Pfund 10%. Zum Schweizer Franken wertete er um 12% und gegen den US-Dollar sogar um 16% ab. Eine ganz andere Entwicklung zeigt sich in Spanien. Dort sind die Lohnstückkosten 2013 und 2014 gesunken. Zwischen 2009 und 2013 stieg die (Arbeits-)Produktivität um jeweils mehr als 1%. Wichtigster Exportmarkt der Spanier ist seit langer Zeit Südamerika. Gegenüber den südamerikanischen Währungen wertete der Euro im letzten Jahr auf. Dadurch konnte Spanien trotz solider Entwicklung keinen Boden gutmachen. Die deutsche Wirtschaft ist in keiner sonderlich guten Verfassung. Nur das Umfeld schafft enormen Rückenwind. Der Euro hat zu den Währungen unserer Haupthandelspartner deutlich abgewertet. Die Industrie arbeitet mit günstigen Energiepreisen.
Fazit: Um die günstigen Sondereffekte bereinigt, steht die deutsche Wirtschaft deutlich schlechter da als vor fünf Jahren. Dem sollten Unternehmer mehr Aufmerksamkeit schenken.