Google scheitert bei der Vorhersage des Verlaufs von Epidemien. So liegt Google flu auch bei der derzeit in Deutschland grassierenden Grippe-Welle daneben. Besser schneiden das Robert Koch-Institut (RKI) und das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung ab. Das RKI ermittelt den Status der Grippewelle traditionell aus Angaben über Laborproben und Arztberichten. Das Lazer Laboratory der Uni Boston spricht mit Blick auf Google gar von einer „Big-Data-Falle“.
Die Big-Data-Modelle funktionieren lang nicht so gut wie behauptet. Oft gleicht das Kombinieren von Daten, aus denen konkrete Verhaltensmuster abgeleitet werden, dem Blick in eine Glaskugel. Google flu registriert Abfragen nach bestimmten Suchbegriffen. Daraus sagt der Big-Data-Konzern Ausmaß und Verlauf von Epidemien, aber auch von Modewellen und Konsumtrends voraus.
Die Prognosen von Google flu können mit traditionellen Methoden der Epidemiologie aber nicht mithalten. Bei der Vogelgrippe warnte Google flu vor einer großen Welle, die dann nicht kam. Bei der Schweinegrippe dagegen gab Google flu Entwarnung, obwohl die Bevölkerung erheblich betroffen war. Auch Facebook hat bislang aus Begriffen wie „Masern“, „Pocken“ oder „Fieber“, die Leute twittern oder posten, keine belastbaren Trends ableiten können. Wenn die Algorithmen aber schon bei medizinischen Phänomenen versagen, wie wollen sie dann komplexes menschliches Verhalten korrekt vorhersehen?
Die Algorithmen funktionieren oftmals nicht, weil sie zufällige Korrelationen zu kausalen Zusammenhängen aufbauschen. Wer X kauft, kauft auch Y – das taugt ebenso wenig zu einer konkreten Prognose wie die zeitliche Koinzidenz von Winter und Grippe. Die angeblich zielgenauen, individualisierten Produktempfehlungen der Big-Data-Konzerne werden bislang von den Konsumenten überwiegend als lästige Werbung empfunden.
Die Gefahr ist die Algorithmen-Gläubigkeit: Weil alle glauben, dass die Algorithmen das Verhalten richtig vorhersehen, richten sich alle danach. Sagt Google flu eine gefährliche Grippewelle voraus, könnte die Politik gezwungen sein, Impfstoffe einzukaufen. Sollte die Epidemie dann ausbleiben, ist die Prognose nicht widerlegt, weil sie durch das Handeln der Politik scheinbar verhindert wurde. Self fulfilling prophecies können bei Konsumtrends wirksam werden. Google führt den Trend, den es angeblich neutral ermittelt hat, selbst herbei.
Fazit: Mit der Vorhersagekraft von Big-Data-Analysen ist es oft nicht weit her. Unternehmen sollten die Datenflut nutzen, um ihre Kunden besser kennenzulernen. Vorsicht aber vor Algorithmen-Gläubigkeit, zumal die Datenbasis, auf der Datenhändler ihre Prognosen ableiten, meist geheim bleiben.