Selbständige setzt Berufsunfähigkeitsrente vor Gericht durch
Achtung Solo-Selbständige: Das Oberlandesgericht hat ein wichtiges, wegweisendes und positives Urteil zum Thema Berufsunfähigkeit gesprochen. Mit dem Urteil dürfte es betroffenen in ähnlich gelagerten Fällen leichter fallen, Ansprüche auf die Zahlung von Berufsunfähigkeitsrenten durchzusetzen.
Berufsunfähigkeitsversicherung muss zahlen
Der Fall: Eine selbständige Online-Händlerin wurde aufgrund einer Erkrankung berufsunfähig (50%), weil sie nicht mehr schwer heben konnte. Sie war darum nicht mehr in der Lage, die Warenabwicklung komplett zu übernehmen. Als ihr die Arbeit in ihrem Online-Handel nicht mehr möglich war, beantragte sie bei ihrer Versicherung ihre Berufsunfähigkeitsrente (BU) gemäß Vertrag. Der Versicherer verweigerte ihr die BU-Rente. Begründung: Die Selbständige könne Personal einstellen, dass ihr beim Tragen schwerer Pakete helfe. Das ermögliche ihr, den Betrieb weiter zu führen. Eine BU läge demnach nicht vor.
Die Richter wischten die Argumentation der Versicherung beiseite. Mit Eintritt der BU von 50% ist der Versicherungsfall grundsätzlich eingetreten. Bei der Bestimmung des Grads der Berufsunfähigkeit könne es nicht darum gehen, schematisch auf den zeitlichen Anteil einer einzelnen Tätigkeit abzustellen, die ein Versicherter nicht mehr ausüben könne. Entscheidend sei, dass diese ein „untrennbarer Bestandteil“ der eigenen Tätigkeit sei. Die Einstellung von Personal schaffe keine Abhilfe hinsichtlich der eigenen BU.
Fazit: Die Richter haben ein praxistaugliches Urteil gefällt. Die Entscheidung brachte der Solo-Selbständigen eine Zahlung in Höhe von knapp 200.000 Euro (auf Basis ihrer BU-Rente von 2.900 Euro pro Monat).
Urteil: OLG München vom 13.10.2022, Az.: 25 U 2340/21