Die Finanzmärkte haben nun Klarheit. Die EZB hat heute den Einlagenzins um 10 Basispunkte auf -0,40% gesenkt. Dies war vom Markt erwartet worden. Überrascht hat Mario Draghi mit einer Leitzinssenkung. von 0,05% auf 0,00%. Gleichzeitig weitet die EZB ihre Anleihekäufe aus und kauft ab April Staatsanleihen im Gegenwert von 80 Mrd. Euro monatlich (bisher 60 Mrd. Euro). Damit soll die Kreditvergabe beschleunigt, die europäische Konjunktur angekurbelt werden.
Die Notenbank dürfte voraussichtlich nur ein Strohfeuer an den Märkten entfachen. Den Trend wird sie nicht drehen können. Der jüngste Abwärtstrend ist selbst dann noch intakt, wenn der DAX bis auf 10.400 Punkte steigt. Es ist sogar wahrscheinlich, dass die Märkte in den nächsten Tagen und Wochen in die Tonlage Moll verfallen. Die Erwartungen an die Notenbank sind bereits sehr hoch. Das heißt: Es gibt reichlich Enttäuschungspotenzial. Auch die jüngsten Sorgen vor einer globalen Konjunkturkrise sind nicht geeignet, den Aktienmärkten neuen Schwung zu geben. Einzig der Ölpreis, der sich bei 40 US-Dollar je Fass hält (Brent), stützt die Märkte.
Neue Unsicherheit dürfte der US-Aktienmarkt bringen. Der Dow Jones ist seit seinem Februar-Tief bei 15.560 Punkten stark gestiegen. Auf dem aktuellen Niveau von 17.000 Zählern hat er praktisch das Kursziel für seine Bärenmarktrally fast erreicht. Daher rechnen wir damit, dass in den USA bald wieder Verkaufsdruck aufkommt. Der Dow könnte schnell wieder auf 16.400 Punkte zurückfallen. Dort würde er das erste Stabilisierungsniveau erreichen. Aus technischer Sicht könnte er sogar bis auf 16.000 Zähler zurückfallen, ohne dass ein neues Bild entsteht.
Dreht der Dow Jones wieder nach unten, wird ihm der DAX folgen. Die technischen Auffanglinien sind auch hier sehr klar. Die erste leichte Unterstützung findet der DAX bei 9.700 Punkten. Eine etwas stärkere liegt dann bei 9.200/9.300 Zählern. Wir gehen nach wie vor fest davon aus, dass der Markt dieses Niveau noch einmal testen wird.
Auffällig sind auch die Anleihenmärkte, insbesondere deutsche Staatsanleihen. Die 10-Jährigen scheinen bei einer Rendite von 0,10% so langsam ihren Boden zu finden. Das kann zwar nach dem EZB-Zinsentscheid in einer kurzfristigen Marktreaktion überschießen. Wir rechnen aber nicht damit, dass die Rendite der 10-Jährigen längere Zeit und deutlich unter Null fällt. Hinzu kommt: Werden Negativzinsen von Banken zunehmend an Kunden weitergegeben, steigt die Motivation der Einleger, das Geld abzuziehen und anderweitig zu investieren. Wer es nicht in den Konsum steckt, sondern rentierliche Anlagen sucht, kommt um den Aktienmarkt schlicht nicht herum.
Fazit: Anleger müssen sehr aufpassen, sich im momentan hitzigen Marktumfeld die Finger nicht zu verbrennen. Lassen Sie sich von einem möglichen Freudensprung des DAX nicht zu voreiligen Käufen verleiten. Nutzen Sie eine solche Bewegung lieber zur Gewinnmitnahme in taktischen Wetten. Neukäufe bieten sich voraussichtlich erst in einigen Wochen auf dann niedrigerem Niveau wieder an.