Auseinanderdriftende Volkswirtschaften
Kräftiges Wachstum
Tschechiens Wirtschaft macht Freude. Im 2. Quartal legte sie um 4,6% im Jahresvergleich zu. Und die Daten vom aktuellen Rand deuten auf eine Fortsetzung des Wachstums hin. Die Inflation lag mit zuletzt 0,4% zwar noch weit unter dem Ziel von 2% (mit Toleranzbereich 1%-3%). Aber eben auch wieder über Null, was auf die Belebung der Binnennachfrage hinweist. Zudem legt die Industrieproduktion weiter zu (zuletzt +6,4%) und die Exporte sind auf hohem Niveau. Von daher entwickeln sich auch die Beschäftigung und die Einkommen gut. Das gibt vor allem der Konsumnachfrage und der Bautätigkeit Schwung. Die niedrigen Zinsen stützen diesen Trend zusätzlich. Und die Notenbank lässt die Euro-Parität nicht unter 27 Kronen/Euro fallen.
Fazit: Die Krone hält in den nächsten Monaten ihr Niveau. Wir sehen keine Zinsänderung für das nächste Halbjahr voraus.
Abhängig von der EU
Das Wachstum Ungarns ging vom 1. zum 2. Quartal von 3,5% auf 2,7% zurück. Es liegt damit dennoch auf beachtlichem Niveau. Allerdings deutet der Einbruch der Bautätigkeit seit Jahresbeginn – bislang um rund 15% – auf eine weitere Abschwächung hin. Binnenwirtschaftliche Impulse sind kaum mehr zu erkennen. Die Inflationsrate bleibt unter Null. Und die Konjunktur ist von der Förderung durch die EU abhängig. Das Volumen macht etwa 3,5% vom BIP aus, fördert aber rund 70% aller Investitionen (Staats- und Privatsektor). Die EU-Kommission liefert jetzt eine Geste gegen die Korruption der Orban-Regierung. Sie fordert Strafzahlungen wegen betrügerischer Abrechnungen im Volumen von 10% der beanstandeten Summen. Das klingt härter als es ist: Die „Strafzahlungen“ verbleiben in Ungarn, sie müssen nur für „neue“ Projekte verwendet werden.
Fazit: Solange die konservative EU-Fraktion bereit ist, Orbans Regime zu decken, wird der Boom weitergehen. Der Forint bröckelt unterdessen weiter ab.
Unverändert stark
Polens Wirtschaft wächst auch in den nächsten Jahren. 2015-17 könnten jeweils 3,4% bis 3,8% erreicht werden. Das läge über dem Potenzialwachstum (3,2%-3,3%). Damit endet die Zeit der negativen Inflationsraten. Motor der Konjunktur bleibt die Binnennachfrage. Sie wird vom Konsum getragen und stützt sich auf die robuste Entwicklung der Beschäftigung. Daran dürfte auch ein Regierungswechsel (Wahlen am 25. Oktober) von der liberalen Koalition zur national-nationalen Opposition wenig ändern. Allenfalls der Kurs der Staatsfinanzen dürfte im Zuge sozialer Wohltaten gelockert werden. Anders als die aktuelle Regierung kümmert sich die euroskeptische Opposition wenig um die Maastricht-Kriterien.
Fazit: Mit der anziehenden Inflation dürften auch die Zinsen leicht nach oben gehen. Der Zloty wird dank der starken Fundamentaldaten stabil bleiben.
Hohe Risiken
Die Daten zur Konjunktur in Rumänien sind unspektakulär. Interessanter ist ein Hinweis der Notenbank zu den verbleibenden Risiken durch Währungskredite. Demnach ist der Anteil der Leu-Finanzierungen am gesamten Finanzierungsvolumen auf 49,7% gestiegen. Das birgt Zündstoff. Denn danach lautet etwa die Hälfte immer noch auf fremde Währung. Das deutet auf ein extrem hohes Risiko und zwingt die Notenbank zu einer vorsichtigen Politik, die den Leu möglichst stabil hält. Der Grundtrend der Wirtschaft ist dagegen trotz leichter Wachstumseinbußen positiv. Impulse kommen von der Nachfrage aus der EU. Die Inflation liegt knapp unter dem Ziel. Folglich besteht Raum für Lockerungen.
Fazit: Wir erwarten die Fortführung der engen Bindung des Leu an den Euro.
Putins Krise
Die Kapitalabfluss aus Russland lässt nach. Das Wirtschaftsministerium reduzierte die Schätzung für 2015 von 110 Mrd. Dollar auf 90 Mrd. Dollar. Das wären nur noch rund 60% der Abflüsse von 2014, die offiziell auf rund 151 Mrd. Dollar beziffert werden. In diesen Zahlen fehlen allerdings die illegalen Transfers, vor allem durch falsche Fakturierung im Außenhandel. Der Abfluss wird dennoch schwächer. Im Zuge der Rezession fallen weniger finanzielle Ersparnisse im privaten Sektor an. Der negative Trend in der Wirtschaft hält an: Die Schrumpfung wird im laufenden Jahr -4% erreichen und die Erholung frühestens 2017 beginnen. Der Ölpreis bleibt weit unter den von der russischen Finanzplanung zugrunde gelegten Preisen von über 100 Dollar. Das begrenzt die Möglichkeit einer expansiven Fiskalpolitik. Gleichzeitig hat sich Russland mit der Intervention in Syrien weitere Belastungen für das Budget geschaffen. Eine Aufhebung der westlichen Sanktionen ist daher auf absehbare Zeit ausgeschlossen. Die beschränkten Investitionsmöglichkeiten sorgen für einen wachsenden technologischen Rückstand. Der trifft das Land umso härter, als es der Putin-Administration nie gelungen ist, die in Russland generierte militärische Spitzentechnologie auch in großem Maßstab zivil zu nutzen. Die Konzentration auf Rohstoffe erweist sich immer klarer als ineffiziente Strategie.
Fazit: Die aktuelle Krise wird anhalten. Eine nennenswerte Erholung des Rubel ist unwahrscheinlich.
6-Monats-Übersicht zu ausgewählten Währungen aus Osteuropa
Land | Währung/Zins | Aktueller Kurs | Ausblick 3 Monate | Ausblick 6 Monate | Prognose-sicherheit |
---|---|---|---|---|---|
Tschechien | CZK | 27,04 | 27,1 | 27,1 | neutral |
3m-Zins | 0,3 | 0,3 | 0,3 | ||
Ungarn | HUF | 309,9 | 312 | 315 | neutral |
3m-Zins | 1,35 | 1,35 | 1,1 | ||
Polen | PLN | 4,25 | 4,22 | 4,19 | neutral |
3m-Zins | 1,7 | 1,7 | 1,75 | ||
Rumänien | RON | 4,42 | 4,4 | 4,4 | neutral |
3m-Zins | n.v. | n.v. | n.v. | ||
Russland | RUB | 68,95 | 69 | 69,35 | neutral |
3m-Zins | 11,5 | 11,5 | 11,25 |
CZK: Die Notenbank hält die Krone weiter am Limit.
HUF: Die politischen Risiken bringen leichte Abschläge beim Forint.
PLN: Der Zloty profitiert von guten Wirtschaftsdaten.
RON: Das hohe Kreditrisiko zwingt die Währungshüter zur Stabilisierung des Außenwerts.
RUB: Die politischen Abenteuer der Putin-Administration verschärfen die Krise und den Druck auf den Rubel.