Realismus kehrt in die Devisenmärkte zurück
Das Pfund hat in den letzten Wochen zu Dollar und Euro nachgegeben. Die Marktteilnehmer realisieren, dass das Risiko eines harten Brexit wieder auf der Tagesordnung steht. Die Regierung Johnson hat sich darauf festgelegt, dass sich Großbritannien nicht an die Regeln des Binnenmarkts halten wird. Das macht einen freien Zugang zu diesem Markt sehr unwahrscheinlich. Ohne freien Warenverkehr wird die britische Autoindustrie – die mit Abstand wichtigste Exportbranche – schnell schrumpfen. Denn sie ist ohne die Zulieferungen vom Kontinent zunächst nicht arbeitsfähig. Erst müssen die Firmen völlig neue Lieferketten aufbauen.
Unterdessen bestätigt sich das zentrale Argument der Brexiteers immer offensichtlicher als blanker Humbug. Demzufolge würden eigenständige Verträge UKs mit seinen Handelspartnern der britischen Wirtschaft bessere Möglichkeiten einräumen als die von der EU ausgehandelten. Alle bisher neu abgeschlossen Verträge mit Drittstaaten beschränken sich auf die Replikation der bestehenden EU-Verträge („copy&paste“).
Finanzplatz London gerät unter Druck
Schlimmer noch: Ein durchgesickertes Papier des Finanzministeriums zum anstehenden Vertrag mit den USA sieht nur geringe Verbesserungen im bilateralen Handel vor. Dafür aber reichlich negative Konsequenzen für den Finanzplatz London. Offenbar werden die britischen Banken Geschäft an die US-Konkurrenz verlieren.
Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass die Johnson-Regierung das Staatsdefizit deutlich nach oben treiben wird. Die neu gewonnenen Wahlkreise in den ehemaligen Labour-Hochburgen in Nordengland sollen durch teure Industrie- und Sozialpolitik gesichert werden. Der demnächst fällige Etat wird Druck auf das Pfund bringen. Dadurch wird sich das ohnehin auf längere Sicht untragbare Defizit der Leistungsbilanz weiter vergrößern. Schon jetzt ist UK auf laufende Zuflüsse schmutzigen Geldes etwa der russischen Oligarchen („Londongrad“) zur Deckung des Defizits angewiesen.