Risse im großen Bild
US-Präsident Donald Trump twittert mal wieder in Sachen Zollkonflikt und prompt tauchen die Märkte nach Thanksgiving ab. Dabei sind die Truthähne zwar noch nicht geschlachtet (FK vom 28.11.). Einen hörbaren Warnschuss haben sie aber schon bekommen.
Der Dow ist recht zügig um 1.000 Punkte gefallen. Der marktbreitere S&P 500 ist um 150 Zähler zurückgegangen. Mustergültig wurden beide Indizes dann an den unteren Kanalbegrenzungen ihrer Aufwärtstrends aufgefangen. Der DAX ist den US-Börsen hinterher gezogen. Er ging um knapp 400 Punkte zurück. Wichtiger ist aber: Der Index ist erneut bei 13.300 Zählern gescheitert und wurde bei 12.900 Punkten aufgefangen. Damit werden die Leitplanken der aktuellen Range fester einzementiert.
Dabei ist die Nervosität der Märkte sichtbar geworden. Denn Trump hat – wie so oft – gar nichts Neues vermeldet. Das Risiko, dass es bei der nächsten Zollrunde nicht zu einer Einigung zwischen den USA und China kommt, ist bekannt. Die Androhung von Zöllen auf französischen Weichkäse oder Champagner (Volumen 2,4 Mrd. US-Dollar) ist ein Problem für Frankreich, aber nicht weltbewegend. Hier ist eher ein Grund zur Sorge, dass auch andere Länder, die eine Digitalsteuer erheben, möglicherweise mit Strafzöllen rechnen müssen. Auch das Risiko von Strafzöllen für europäische Autohersteller ist nicht neu. Trotzdem haben die Tweets ihre kurzfristige Wirkung an den Börsen gehabt.
Im Grunde bleibt strategischen Anlegern nichts anders übrig, als auf konkrete Ergebnisse im Zollstreit zu warten. Diese wird es voraussichtlich nach dem 12. Dezember geben. Aller Wahrscheinlichkeit nach geht es dann auch wieder zwei Schritte vorwärts – und einen zurück. Das tägliche Twitter-Rauschen sollten sie daggegen einfach ausblenden. Sie sollten dafür lieber das große Bild im Blick behalten.
Im Big Picture gibt es weiter ziemlich viele Risse. Die Auftragseingänge deutschen Industrie sind zuletzt um 0,4% gesunken. Vor allem aus dem Ausland außerhalb der Eurozone kamen weniger Aufträge – trotz des relativ schwachen Euro. Die konjunkturelle Talfahrt insbesondere der für Deutschland wichtigen Exportindustrie ist also noch nicht zu Ende. Parallel dazu sind deutsche Unternehmen mit deutlich höheren Zahlungsausfällen konfrontiert. Das Plus liegt laut GDV bei 60% gegenüber dem Vorjahr. Beachtlich auch: Deutsche Unternehmen bauen seit Monaten kontinuierlich Cash-Reserven auf.
Die US-Industrie sendet ebenfalls Kontraktionssignale. Der aktuelle Dienstleistungs-Einkaufsmanagerindex (ISM) ging auf 53,9 Punkte zurück (zuvor 54,7). Gewichtiger noch: Der ISM für das verarbeitende Gewerbe ging erneut zurück (akt. 48,1). Die Schrumpfung der US Industrie setzt sich somit fort.
Fazit
Die Börsen spiegeln weiterhin nicht die realen Daten wider und bewegen sich in einer engen Bandbreite (DAX 12.900 - 13.300). Diese Leitplanken entscheiden darüber, ob es noch zu einer Fortsetzung der Jahresendrally kommt oder die Märkte in den Rückwärtsgang schalten. Wir sehen die Märkte kurzfristig weiterhin eher tiefer als noch deutlich höher. Wer nicht aktiv in der Seitwärtsrange handeln will, wartet die Entscheidung im dünner werdenden Jahresendhandel gelassen ab.