Inflation hilft Staaten optisch bei der Entschuldung
Die seit zwei Jahren anhaltend hohe Inflation hat scheinbar auch eine positive Wirkung. Denn die Schuldenquoten der Staaten gehen seit zwei Jahren deutlich zurück. Das ist aber nur die Folge eines "Rechentricks". Denn real steigen die Schulden in atemberaubenden Tempo weiter.
Die anhaltend hohe Inflation ist ein starker Helfer der Schuldner. Davon profitieren auch die Staaten. So ist die Schuldenquote der Staaten seit 2020 kräftig gesunken. In den G7-Staaten ging sie von 140,5% im Jahr 2020 auf 128,4% Ende 2022 zurück. In den USA sank sie in dieser Zeit von 133,5% auf 121,7%. Im Euro-Raum fiel sie von 96,6% auf 90,9% (Deutschland akt. 66,5%).
Schulden-Arithmetik: Vergleich von Äpfeln mit Birnen
Diese scheinbar positive Entwicklung ist jedoch ausschließlich einem Vergleich von Äpfeln mit Birnen geschuldet. Denn in der gleichen Zeit sind die Schulden der Staaten weiter gestiegen. Dass die Schuldenquoten dennoch sinken, liegt allein daran, dass sie als Anteil vom BIP ausgewiesen werden. In dem schlägt sich die Inflation allerdings auch wieder - und treibt es nach oben. Denn das BIP ist die Summe aller Wirtschaftsleistungen und die wird mit dem Preisanstieg ebenfalls kräftig nach oben gezogen.
Die Inflation bläht das BIP somit künstlich auf. Bereinigt um die Inflation, also real, ist der BIP-Anstieg gar nicht so groß. Gemessen wird das im BIP-Deflator, der die Inflation in der Rechnung eliminiert. Dieser Deflator ist groß, liegt in den USA aktuell bei 6,4 Prozentpunkten. In der Euro-Zone liegt der BIP-Deflator bei 6,1 Prozentpunkten.
Schuldenquote liefert völlig verzerrtes Bild
Weil die Schuldenquote eine wichtiges Kriterium der Finanzanalyse ist, ist es wichtig, diese Verzerrung zu kennen. Denn sie versteckt, dass die Schulden weiter massiv steigen. Im Jahr 2019 lag die Schuldenquote der G7 bei 118,3%, in den USA bei 108,7% und in der Eurozone bei 83,5% (D: 58,9%). Die Inflation schmälert zwar auch den realen Wert der Schulden (den Verlust tragen die Gläubiger). Nähert sich die nominale BIP dem realen BIP aber wieder an, weil die Inflation sinkt, führt das zu einem Sprung in den Schuldenquoten.
Fazit: Bei der Messung der Schuldenquote wird nicht das reale BIP, sondern das nominale zugrunde gelegt. Daraus ergeben sich bei einer hohen Inflation und geringem BIP-Wachstum sinkende Schuldenquoten. Das ist kein beruhigendes Signal, sondern eine massive Verzerrung der Realität.