Kommunen und Länder arbeiten daran, die ab 2019 geltende Schuldenbremse auszuhebeln. Das Instrument sind kommunale Kassenkredite. Inzwischen findet ein gigantischer Verschiebebahnhof vom beaufsichtigten Bereich der Kreditmarktschulden hin zu den unbeaufsichtigten Kassenkrediten statt.
Bereits seit dem Jahr 2000 läuft diese Schuldenverschiebung – doch sie wird immer schamloser genutzt. Damals lag der Anteil der Kassenkredite an den gesamten Schulden der Gemeinden bei weniger als 3%. Im Jahr 2009 waren es schon 30%, im Jahr 2010 dann 32%. Per Ende Dezember 2015 waren in Gemeinden und Gemeindeverbänden allerdings bereits Kassenkredite im Volumen von 48 Mrd. Euro ausstehend. Ihr Anteil an den Gesamtschulden lag bei 53%.
Die Länder beteiligen sich ausgiebig an diesem Verschiebebahnhof. Sie schustern den Kommunen immer neue Aufgaben zu, die diese inzwischen fast ausschließlich über Kassenkredite finanzieren. Deren Volumen nahm zwischen Juni und Dezember 2015 um 500 Mio. Euro auf über 48 Mrd. Euro zu. Daneben weisen Länder und Kommunen teilweise sinkende Kreditmarktschulden aus. Diese gingen auf kommunaler Seite zwischen Juni und Dezember 2015 marginal auf 93,5 Mrd. Euro zurück, so die Bundesbank.
Trotz sprudelnder Einnahmen steigen die Gesamtschulden in Kern- und Extrahaushalten somit weiter an. Laut Bundesbank belief sich der kommunale Schuldenstand einschließlich der Schulden bei öffentlichen Haushalten zuletzt auf insgesamt 151 Mrd. Euro.
Bei der Umgehung der Schuldenbremse nutzen die Kommunen eine rechtliche Grauzone. Kurzfristige Kassenkredite dürfen eigentlich nur für die Überbrückung vorübergehender Liquiditätsengpässe genutzt werden und müssten immer zum Jahresende zurückgezahlt werden. Sie dürften auch nicht für laufende Ausgaben oder Investitionen eingesetzt werden. Doch inzwischen werden Kassenkredite regelmäßig für die Finanzierung laufender Ausgaben zweckentfremdet.
Möglich wird das laut Bund der Steuerzahler durch Überwachungsmängel. Demnach unterliegen Kreditmarktschulden der Kommunen der Genehmigungspflicht durch die Kommunalaufsicht. Kassenkredite müssen dagegen oft nicht genehmigt werden.
In den nächsten Jahren wird die Schuldenverschiebung weitergehen. Der Bund der Steuerzahler befürchtet sogar eine Beschleunigung der zweckentfremdeten Verschuldung. Denn die Länder müssen ab dem Jahr 2019 die Schuldenbremse einhalten. Darum übertragen sie den Kommunen regelmäßig mehr Aufgaben – diese werden dann immer öfter über Kassenkredite finanziert.
Fazit: Immer mehr Kommunen verschieben Schulden in den unbeaufsichtigten Bereich. Das größte Risiko ist dabei die wachsende Anfälligkeit kommunaler Haushalte für steigende Zinsen. Denn Kassenkredite sind kurzfristige Darlehen – das milliardenschwere Pulverfass, auf dem die Kommunen sitzen, wird Jahr für Jahr größer.