Die fortschreitende Digitalisierung (Big Data) macht die Messung nationaler Wirtschaftsleistung immer schwieriger. Fast 13% des weltweiten Güterhandels werden inzwischen über das Internet (E-Commerce) abgewickelt. Das hat das McKinsey Global Institute errechnet.
Etwa die Hälfte aller international gehandelten Dienstleistungen ist digitalisiert. Dieses Sammeln, Verdichten, Bewerten, Verbreiten, Vernetzen und Verwerten von Daten schafft (neues) Wissen. Und damit ist es eine Wertschöpfung. Die kann aber weder einem Standort zugeordnet werden. Noch schafft sie immer unmittelbar Produkte oder Kosten. Folglich wird sie vom klassischen Maßstab zur Messung der Leistung einer Volkswirtschaft – dem BIP – nicht erfasst.
Die Kritik am Messmaßstab BIP bekommt damit immer stärkeren Auftrieb. Unumstritten war das BIP noch nie. Ein Beispiel: Früher gab es den gemeinsamen familiären Mittagstisch, heute kaufen sich die Familienmitglieder ihr Essen in der Snackbude. Das eine war nicht BIP-relevant, das andere sehr wohl. Viele Dienstleistungen, die heute gemessen werden, wurden schon immer in der Familie, unter Freunden und Nachbarn erbracht – waren aber nicht Teil des BIP (wie auch die Schwarzarbeit).
Inzwischen ist die Findung eines neuen Maßstabs zur Messung volkswirtschaftlicher Leistungen Chefsache beim IWF. Die geschäftsführende Direktorin, Christine Lagarde, ist überzeugt, „dass die momentanen Wohlstandsmaße für die neue Zeit nicht mehr so gut geeignet sind und nicht richtig messen, was passiert“. Thomas Straubhaar, Professor für internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Uni Hamburg, ergänzt: „Zu viele wirtschaftspolitische (Re-)aktionen, auch Verteilungsfragen, hängen am BIP und seiner Entwicklung, als dass Gesellschaften es sich leisten könnten, einem falschen Kompass zu folgen.“
Fazit: Die Tage des BIP scheinen gezählt. Zwar werden noch etliche Jahre ins Land gehen, bis ein neuer Maßstab für das BIP gefunden ist. Aber die schnelle Digitalisierung der Wirtschaftswelt bringt hier Druck in den Kessel. Das Thema rückt auf der wirtschaftspolitischen Agenda nach oben.