Hauck & Aufhäuser: Individualität ist Trumpf
Zu einem Treppchenplatz hat es für die Privatbankiers von Hauck & Aufhäuser (H&A) im vergangenen Jahr zwar nicht gereicht. Insgesamt war aber im Nachhaltigkeits-Test TOPS 2021 ein sehr guter sechster Platz drin. In der Länderwertung Deutschland hat es die Privatbank mit Sitz in Frankfurt am Main aber immerhin auf den 2. Platz geschafft. In diesem Jahr möchte die Prüfinstanz wissen, ob ein Kunde, der angesichts von Corona, Konjunktur-Risiken und politischer Unsicherheiten um sein Vermögen fürchtet, bei H&A gut beraten wird. Und wie schon im vergangenen Jahr erleben wir wieder engagierte Berater und viel Individualität. Rundum perfekt ist die Leistung dennoch nicht.
Zwar ist die qualitative Bewertung von Websites keine Kernkompetenz der Prüfinstanz. Aber auch der IT-Laie erkennt, dass H&A in die Betreuung und Pflege ihres Webauftritts viel Arbeit investieren. Die Außendarstellung des Hauses wurde in den letzten Jahren sehr intensiviert. Die Homepage ist übersichtlich, modern und bietet Interessenten zahlreiche Informationen, etwa auch Videos zur Geldanlage in Corona-Zeiten. Auch der zeitgemäße Social Media Auftritt der Frankfurter setzt einen Standard, den nur wenige Mitbewerber ebenfalls erreichen.
Mehrheitlich im chinesischen Besitz
Doch genug vom schönen Schein; uns interessiert natürlich viel mehr, was die Bank dahinter zu bieten hat. H&A begehen in diesem Jahr ihren 225. Geburtstag – ein Haus mit Tradition. Mittlerweile ist der Mehrheitseigner die chinesische Fosun International Limited. Der Finanzkonzern hat mit H&A eine Tür zum deutschen Markt aufgestoßen. An der Beratung und dem Portfoliomanagement in Deutschland hat sich dadurch allerdings nichts geändert. H&A selbst wächst weiter durch Übernahmen. So soll in diesem Jahr der Kauf des Bankhauses Lampe endgültig abgeschlossen werden. 2017 wurde bereits die Sal. Oppenheim gekauft.
Der interessierte Kunde hat es zudem mit einer wachstumsstarken Bank zu tun. Der Jahresgewinn nach Steuern 2020 beläuft sich auf 45 Mio. Euro. 2019 waren es gerade einmal 27,9 Mio. Euro. Wolken am Horizont gibt es also scheinbar vorerst keine. Das ist ganz im Sinne des Kunden. Das ist sein Anliegen:
Der Kunde und sein Anliegen
- 3,5 Mio. Euro Anlagevermögen aus Immobilien-Verkauf (Steuern müssen noch abgezogen werden)
- die aktuellen und noch kommenden wirtschaftlichen Schäden der Corona-Pandemie, die gestiegene Staatsverschuldung, künftige Pleiten von Unternehmen und kleinen Geschäften etc., die anziehende Inflation beunruhigen
- Kapitalerhalt als unterstes Renditeziel
- Auf Sicherheit bedacht
- Anlagehorizont langfristig (10 Jahre)
- Kunde ist selbst in der Finanzbranche tätig aber mit Fokus auf Immobilien und Altersvorsorge
Stärken in der Beratung von H & A
„Anspruchsvoll und individuell“ wollen H&A ihre Kunden im Private Banking beraten, so verspricht es die Website. Und die Beratung, die wir erleben, zeigt uns davon so einiges. Der Berater bemüht sich, unseren Kunden ganzheitlich zu verstehen. Er fragt nach, wie unser Kunde zu nachhaltigen Geldanlagen eingestellt ist (keine Priorität, aber gern gesehen) und hakt nach, ob es noch steuerliche Dinge gäbe, die es durch die Veräußerung der Immobilie zu beachten gäbe. Auch Services jenseits der Vermögensanlage wie etwa Nachfolgeplanung und Patientenvollmachten bietet er an. Der auf Sicherheit bedachte Kunde erhält ein Rundum-Paket.
Auf die Sorgen des Kunden geht der Berater im Beratungsgespräch mit einer professionellen Ehrlichkeit ein: „Ohne Risiko geht es heute nicht mehr.“ Ohne einen entsprechenden Aktien-Anteil könne heutzutage kein Portfolio strukturiert werden. Anleihen würden nach wie vor kaum Rendite abwerfen und seien zudem auch nicht mehr so sicher wie einst, angesichts steigender Kreditrisiken. Er redet dem Kunden gut zu, nimmt die Ängste ernst und verweist auf die historische Rückschau. Mit genügend Zeit im Gepäck könne jede Krise ausgesessen werden. Zudem gäbe es noch einen Vorteil bei der Vermögensverwaltung via Vermögensverwalter: Emotionen werden so außen vor gelassen. Während ein Selfmade-Anleger vielleicht hektische Panikverkäufe in Krisen tätigt, ist der Vermögensverwalter an Regeln gebunden. Und der kühle Kopf trifft bekanntlich klügere Entscheidungen als das mitunter hitzige Bauchgefühl.
Sehr auf Individualität bedacht
Der Berater bietet dem Kunden vor der Beratung zwei verschiedene Vorgehensweisen an: Möglichkeit 1 wäre ein ausführlicher Prozess, für Kunden, die nicht sicher sind, was sie wollen. Dieses Verfahren würde eine Strukturanalyse beinhalten und mehrere Treffen, damit sich der Kunde klar werden kann, was er überhaupt möchte und die Bank darauf aufbauend die optimale Lösung bauen kann. Möglichkeit 2 – zu der sich der Kunde der Prüfinstanz entschließt – ist für Kunden, die bereits fest wissen, was sie wollen. Letztendlich bietet der Berater mit dieser Möglichkeit dem Kunden eine klassische Beratung an, sprich ein Beratungsgespräch, auf welchem aufbauend der Anlagevorschlag erarbeitet wird. Der individuelle und aufwendige Service für unerfahrene Neukunden auf der Suche nach Orientierung ist allerdings sehr löblich und (leider) nicht Branchen-Standard.
Auf den Kunden weitestgehend zugeschnitten ist auch der Anlagevorschlag. Das geht damit los, dass am Anfang der umfassenden Ausarbeitung die Wünsche des Kunden korrekt wiedergegeben werden. Das Portfolio ist ganz nach Kundenwunsch auf Sicherheit bedacht und besteht hauptsächlich auf ETFs und Einzeltiteln. Die Kosten betragen äußerst schlanke 0,65% p.a. Ebenfalls im Anlagevorschlag inbegriffen ist ein ausführlicher Exkurs zu Inflation, Zinsen, Unternehmensgewinnen und Renditeerwartungen. Der Tenor: Alles halb so wild. Der Zinsanstieg gefährdet die Aktienrenditen bisher nicht. Die Inflation schlägt Zitat „Kapriolen“ angesichts der Corona-Lockerungen und wird in Deutschland nicht über 3,5% steigen (Anmerkung: Diese Einschätzung stammt aus dem Frühjahr 2021 - die derzeitige Inflationsrate von über 4% hat H&A eines Besseren belehrt). Ob man diese Einschätzung teilt, sei dahingestellt. Gut ist, dass H&A sich damit auseinandersetzen und dem Kunden schlüssig und verständlich ihre Sicht der Dinge darlegen.
Schwächen der Beratung
Doch der Anlagevorschlag kommt nicht gänzlich ohne Kritik aus. Zum einen ist er sehr umfangreich (54 Seiten). Das wirkt unaufgeräumt und die Frage ist, ob hier ausreichend "Hirnschmalz" in die Frage nach Relevanz und Redundanz gesteckt wurde. Dennoch werden einige wichtige Angaben nicht in den Anlagevorschlag aufgenommen. Wo etwa will der Kunde in 10 Jahren stehen? Welche Anforderungen wird er dann an seine Vermögensverwaltung stellen? Was ist seine Risiko- und Renditevorgabe? Der Berater hat zwar den zentralen Beratungsaspekt des Kunden erkannt und einen zum Kunden passenden sicherheits-orientierten Vorschlag ausgearbeitet. Darüber hinaus hätte er noch mehr in die Tiefe gehen können.
Gleiches gilt auch für die Vermögensabsicherungsstrategien. Zwar hält der Berater im Beratungsgespräch mit Optimismus und gutem Zureden gegen die Kunden-Sorgen. Auch mit dem Verweis auf die historische Rückschau und den Verweis auf den regelbasierten Ansatz in der Vermögensverwaltung führt er gewichtige Argumente an. Um dem ganzen noch die Sahnehaube aufzusetzen, hätte er dem Kunden z.B. noch erläutern können, welche Titel für Sicherheit im Depot sorgen. Wie wird das Depot gegen die Inflation geschützt? Gibt es Strategien bei plötzlich fallenden Märkten? Was haben H&A aus der Corona-Krise gelernt? Im Beratungsgespräch wurden zudem Aspekte zu Inflation, Zinsen und Renditeerwartung nur gestreift. Fraglich ist auch, ob mit der prognostizierten Rendite von 2,6% p.a. vor Inflation, Steuern und Kosten tatsächlich der Kapitalerhalt erreicht werden kann.
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Kontakt
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- Institutsgruppe: Privatbank
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- "Das Leistungsversprechen von Hauck & Aufhäuser:Die aufgeführten Themen fasst das Bankhaus in einem klaren Nutzerversprechen zusammen, welches sowohl die traditionellen als auch die modernen Aspekte des Privatkundengeschäfts vereint: Mehr aus dem Vermögen der Kund:innen zu machen – privat, professionell und nachhaltig."
- Verwaltete Kundengelder (assets under management): 167,4 Mio. EUR per 31.12.2020
- Nettoneugeld: k.A.
- Teilnahme am FUCHS-Performance Projekt: ja
Fazit: Wir erleben bei Hauck & Aufhäuser eine engagierte Beratung, die im Ergebnis vor allem durch Individualität und den Preis punkten kann. Die wenigen Lücken in der Evaluation und Vermögensabsicherung ändern nichts daran, dass sich Hauck und Aufhäuser im oberen Bereich des Markttests positionieren.
Empfehlung: Trotz kleiner Schwächen eine überdurchschnittliche Leistung. Hauck & Aufhäuser qualifizieren sich damit für den Beauty Contest.