Der Staat als Fallensteller
Ich war, nicht zuletzt aus privaten Gründen, wieder einmal in Skandinavien unterwegs. Dort fällt auf: Wenn in Schweden oder auch Finnland die Geschwindigkeitsregelung durch einen „Blitzer“ kontrolliert wird, warnen auffällige Schilder schon deutlich vorher: Achtung, hier wird geblitzt! Drossle gegebenenfalls dein Tempo, wenn dies zu hoch sein sollte. Der Effekt: In Schweden hält „man“ sich an die Geschwindigkeitsvorgabe. Selbst wenn man mal „träumt“ – die Warnhinweise vor dem Blitzgerät sind schwer zu übersehen. Man muss sich schon Mühe geben, ein Porträtfoto zu erhalten. Das kostet dann allerdings auch ordentlich Geld.
Zurück in Deutschland fahre ich von der Bundesstraße zurück zum heimischen Haus. Im Nachbarort ist Tempo 30 vorgeschrieben. Das schafft der Tempomat so gerade noch. Nicht jeder besteht die Geduldsprobe nach einem langen Arbeitstag und lässt sich verleiten, ein wenig mehr als erlaubt aufs Gaspedal zu drücken. Und zack – blitzt es am Straßenrand (nein, ich war’s nicht). Gut getarnt wie ein Militärfahrzeug steht da der Blitzer. Ein Warnhinweis? Wo kämen wir da hin.
Abkassieren als Selbstzweck
Bei uns geht es nicht um die Sache: den Autofahrer anzuhalten, die Geschwindigkeit anzupassen. Hier geht es ums Abkassieren. Nicht umsonst heißt es in Deutschland: „Radar-Falle“. Oder auf anderem Gebiet: „Steuer-Falle“. Fallen stellt man, um Mäuse zu fangen. In diesem Fall die Mäuse, die in den Geldbörsen der Bürger umherhuschen. Seit der Bußgeldreform klingeln in ganz Deutschland die Kassen. Die Zentralen Bußgeldstellen der Länder melden Rekordeinnahmen.
Ein weiteres Beispiel aus dem deutschen Alltag: Eine Selbständige hat ein Grundstück geerbt. Es handelt sich um ein sog. Helikoptergrundstück, da es von allen Seiten von Bebauung umschlossen ist. Es kann also – auch wenn es so ausgewiesen ist – faktisch nicht als Bauland genutzt werden. Eine stille Vereinbarung mit dem Fiskus sorgte lange Zeit für die Bewertung als Gartenland. Eine neue Sachbearbeiterin sieht das anders und schreibt eine rüde Mitteilung, dass nun bitte 280 EUR je Quadratmeter als Bewertungsgrundlage dienen sollen. Klar, das bringt mehr Grundsteuer in die Kasse, und die benötigt die Gemeinde für die kostspielige Migranten- und Flüchtlingsunterbringung.
Jagdinstinkt bei der Steuerfahndung
Dass die Verwaltung den Bürgern gerne Fallen stellt, das mag es auch woanders geben, in Deutschland tut sie es mit Leidenschaft. Es sagt viel aus über das Selbstverständnis der „staatstragenden Institutionen“ und das Verhältnis von Staat und Bürger. Ich kenne einen Berliner Steuerfahnder, der selbst angewidert war von der Art und Weise, wie in seiner Behörde über den Umgang mit Unternehmern bei Betriebsprüfungen gesprochen wurde. „Jagdinstinkt“ habe da geherrscht, wo eigentlich eine Dienstleistungsmentalität angebracht wäre. Denn der Staat ist für den Bürger da, nicht umgekehrt.
Deshalb spreche ich bei Beamten auch lieber von Bürgerdienern als von Staatsdienern. So sollte es zumindest sein. Ist es aber nicht. Die Staatsdiener genehmigen sich Ausnahmen im Arbeitsrecht (Arbeitszeiterfassung), bei den Fristen zur Erstellung der Grundsteuermitteilung und sie lassen sich alle Zeit der Welt, wenn der Bürger eine Bitte hat. Aber wehe, es ist umgekehrt … Steuern- und Abgabenzahlungen steigen Jahr für Jahr parallel zu den Bußgeldeinnahmen, doch die Dienstleistungsqualität wird „gefühlt“ immer schlechter.