Innehalten für die Toten
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier möchte den Hinterbliebenen der Corona-Toten mit einer „zentralen Gedenkfeier eine Stimme geben.“ Das ist eine pietätvolle Idee dachte ich im ersten Augenblick. Doch dann mischten sich Zweifel in meine Gedanken. Und je länger ich darüber nachdachte, desto massiver wurden diese Zweifel.
Was treibt Steinmeier zu dieser besonderen Form der staatlich verordneten Trauer an? Die schiere Zahl der Toten wird es wohl nicht sein. Vermutlich werden es bis zum 18. April, dem geplanten Tag der Gedenkfeier, fast 80.000 Menschen sein, die "an und mit Corona" gestorben sind. Aber jedes Jahr sterben in Deutschland leider allein 331.000 Menschen wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und fast 231.000 an Krebs.
Gleichheit als Maßstab
Darum kann es auch nicht die besondere Tragik der Corona-Toten sein. Denn jedes Menschenleben sollte gleich viel wert sein. Hinter jedem der fast 1 Mio. Menschen, die jährlich in Deutschland sterben, stehen Hinterbliebene und persönliche Dramen. Und wie fühlen sich Betroffene oder Angehörige, deren "nicht notwendige" Operationen in den Lockdowns wieder und wieder verschoben wurden, um Krankenhauskapazitäten für mögliche Corona-Patienten frei zu halten? 50.000 Krebspatienten waren allein im ersten Lockdown davon betroffen.
Steinmeier sagt: "Der Tod ist keine statistische Größe, sondern tragische Realität." Damit trifft er den Nagel auf den Kopf - aber er ist eben leider die Realität für viel mehr Menschen als "nur" die Corona-Toten. Mir drängt sich darum der Verdacht auf, dass die Opfer der Pandemie politisch instrumentalisiert werden sollen. Die Opfer werden nach meinem Empfinden stark überhöht. Das politische Ziel ist möglicherweise, die scharfen und andauernden Corona-Maßnahmen zu rechtfertigen. Das soll ein Gemeinschaftsgefühl und eine neue Akzeptanz für stark freiheitsbeschränkende Maßnahmen schaffen, die von der Bevölkerung zunehmend kritisch gesehen werden.
Ich halte es für ethisch-moralisch verwerflich, den Toten einer Krankheit eine derartige politische Stimme zu geben - anderen aber nicht. Ihr