Online-Shops: Lernen von den Besten
Viele Händler haben beim Bestell-, Versand-, Liefer- und Retouren-Prozedere noch Nachholbedarf. Sie konzentrieren sich zwar intensiv auf das Erlebnis im Online-Shop, vernachlässigen aber den folgenden Auslieferungsprozess. Der Grund dafür: Endkunden sind hier eher Bittsteller als König. Denn sie haben kaum Einfluss darauf, welcher Logistiker das bestellte Paket liefert.
Der Lieferprozess selbst wird aber immer wichtiger. Denn die großen deutschen Logistiker checken derzeit, die Haustürzustellung nur noch gegen Extra-Gebühr anzubieten. Eine Abholung im Paketshop wäre dann die Standardleistung. Wenn Kunden aber die Art der Zustellung wählen können, ist das ein neues Szenario auch für Händler.
Frühzeitig den Prozess analysieren
Wer vorausschaut, analysiert bereits die eigenen Prozesse und sucht nach Best Practice Lösungen. Status quo ist, dass die Zahl der Händler, die an Packstationen liefern oder Bestellungen in den stationären Filialen abholen lassen, signifikant gesunken ist. Das hat die Plattform parcelLab (München; verbindet Onlinehändler mit ihren Kunden) in ihrer neuen Studie unter den Top 100-Online-Shops erhoben (Testsendungen). Etwa ein Fünftel setzt danach ausschließlich auf Haustürzustellung. Interessant ist auch: 2018 boten noch 40 der Top-Shops Expresszustellung an. Inzwischen sind es nur noch 25.
93 der Top-100-Händler lassen ihre Kunden gratis retournieren (was die Paketflut anheizt). Schlecht: 60 von 100 legen ihren Paketen keine Retourenlabels bei, Kunden müssen diese selbst organisieren. Viel Potenzial wird auch beim Tracking zur Paketverfolgung verschenkt. 91 senden Tracking-Links an ihre Kunden, doch nur 30 davon verlinken zurück in den eigenen Shop. Der Rest verlässt sich darauf, dass der Logistikdienstleister den Kunden schon angemessen informieren wird. Und nur 18 der Top-Shops schicken eine Nachricht, wenn der Paketbote die Lieferung zugestellt hat. 82 Shops verzichten ganz auf diesen Kontaktpunkt zum Kunden.
Beispiele für Best Practice
Auch bei der Verpackung gibt es noch viel Verbesserungspotenzial. „Kleines Produkt, große Verpackung“ ist immerhin bei der Hälfte der getesteten Händler an der Tagesordnung. Ebenso viele treffen keine Nachhaltigkeitsvorkehrungen. Immerhin 29 verwenden kein Plastik als Füllmaterial. 9 Händler nutzen DHL GoGreen als Logistiker.
Gesamtsieger der Analyse ist MediaMarkt (transparenter Versand- und Retourenprozess, gekoppelt mit personalisiertem Content). Parfümhändler Flaconi hat das beste Auspackerlebnis (hochwertig verpackt, ohne Füllmaterial aus Plastik). H&M ist beispielgebend bei Retouren (Rücksendelabel für kostenlose Rücksendung; Artikel werden auf Wunsch von zuhause abgeholt; gesamter Prozess zwischen Abgabe und Eingang der Retoure verläuft äußerst transparent). Fashionhändler s.Oliver überzeugte auch durch breite Auswahl an Versandoptionen. Ikea punktet vor allem bei der Versandkommunikation (geschicktes Erfragen von Kundenfeedback). Zu den Best-Practice-Cases, von denen sich der Wettbewerb etwas abschauen kann, zählen auch adidas, Breuninger, dm und Otto.
Fazit: Online-Händler konzentrierten sich bei der Optimierung der Customer Experience einseitig auf Kundenakquise, Marketing und funktionierende Shop-Systeme. Wichtig wäre, sich ebenso intensiv mit dem Thema „CX“ (Customer Experience, Kundenerfahrung) zu widmen. Die Zeit zwischen dem Eingang der Bestellung und der Auslieferung beim Kunden durch den Logistiker ist eine "heiße Phase", die noch wichtiger werden dürfte.
Hinweis: Betrachten Sie die Kette aus Sicht Ihrer Kunden. „CX“ ist kein Buzzword. Rüsten Sie sich prozesstechnisch, wenn Kunden die Zustellart wählen können. Dann macht genau das den Unterschied und nicht mehr allein Ihr Shop und die Qualität ihres (Standard-)Produkts. Nur wer den ganzen Prozess bis zur Haustür beherrscht, sorgt für ein perfektes Kundenerlebnis.
Studie von parcelLap: