Das Misstrauen in die Verlässlichkeit staatlicher Zusagen erreicht mittlerweile zentrale Institutionen des Landes. So stößt die geplante Bildung einer Kapitalrücklage in der Pflegeversicherung auf breiten Widerstand. Die Arbeitgeber – sie hatten die Rücklage selbst vorgeschlagen! –, die Gewerkschaften und selbst die für die Verwaltung vorgesehene Deutsche Bundesbank lehnen deshalb das von Minister Hermann Gröhe (CDU) vorgelegte Gesetz ab. Die Befürchtung:
Das Geld wird in 20 Jahren (oder schon vorher) nicht zur Eindämmung der Beiträge, sondern für andere Zwecke ausgegeben. Auslöser des um sich greifenden Misstrauens war der jüngste Zugriff der Bundesregierung auf die Rücklagen der Rentenversicherung. Damit finanziert Finanzminister Wolfgang Schäuble die sozialpolitischen Sonderleistungen Mütterrente und Rente mit 63. Und er stellt sicher, dass er zumindest einmal einen Haushaltsüberschuss vorweisen kann.
Einen Zugriff auf die Rücklage könnte durch eine Treuhandlösung vermieden werden. Genau diese will der Gesetzgeber aber nicht – und die Skepsis wächst. Die Bundesbank befürchtet, dass die Ablehnung der Lösung den Hintergedanken der Regierung offenbart: Das Geld soll entweder für Leistungsausgaben oder auch zur Finanzierung von Projekten des Bundes zweckentfremdet werden. Das wäre mit einer Schädigung des eigenen Rufes verbunden, den die Bundesbank vermeiden will.
Bis 2034 soll die Rücklage 20 Mrd. Euro betragen. Sie soll beitragsstabilisierend aufgelöst werden, wenn die „Babyboomer“ ins Pflegealter kommen und die Kosten sprunghaft steigen. Derzeit bringen die Versicherten 25 Mrd. Euro p.a. für die Pflegeversicherung auf. Ab Januar 2017 sind es nach Berechnungen der Arbeitgeber dann mindestens 6 Mrd. Euro im Jahr mehr.
Fazit: Die Winkelzüge der Politiker sorgen dafür, dass die Bereitschaft, Vorsorgemaßnahmen zu finanzieren, nachlässt. Die nächste Nagelprobe für das Vorsorgesystem kommt, wenn die Renditeschätzungen der Riester-Renten so niedrig ausfallen sollten, dass eine Kündigungswelle in Gang kommt. Furcht vor dem staatlichen Griff in die Kasse behindert bereits an sich wünschenswerte Vorsorgemaßnahmen.