Luckes Alleinherrschaft
Die AfD steht am Scheideweg. Setzt sich hier Aushängeschild Bernd Lucke durch, könnte sie sich im deutschen Parteienspektrum etablieren.
AfD-Chef Bernd Lucke plant einen Befreiungsschlag. Er will die gut 20.000 Parteimitglieder direkt über die künftige Führung befragen. Lucke erwartet sich davon ein klares Votum für seine Führungsrolle und den von ihm vorgegebenen Kurs. In der Parteizentrale heißt es zwar einschränkend zu der in den Medien besprochenen Mitgliederbefragung: „Was Herr Lucke plant, wissen wir nicht“. Die Befragung wird aber noch vor dem vorgezogenen Parteitag im Juni kommen. Hintergrund ist der Richtungsstreit, der sich auch in Personen widerspiegelt. Hier die liberalen Realos wie Lucke oder Hans-Olaf Henkel. Dort die Konservativen um Frauke Petry und Alexander Gauland. Kompliziert wird die Lage auch durch die Divergenzen in den eher liberal geprägten westlichen und den eher konservativen östlichen Landesverbänden. Wir glauben, dass sich Luckes Linie durchsetzt. Damit würde sich die AfD in den nächsten Jahren zu einem liberal-konservativen Korrektiv von Union und SPD entwickeln. Scheitert Lucke, könnte das gesamte Projekt zu einer rechtslastigen Anti-Partei zusammenschrumpfen. Ohne den charismatischen Professor an der Spitze verlöre die Partei weiter an Stimmen. Derzeit wird sie trotz der anhaltenden Griechenland-Euro-Krise nur um die 5% gehandelt. Der AfD-interne Streit bringt die Partei andererseits in die Medien. Dort werden ihre Themen und Alternativen diskutiert. Ganz im Unterschied zur FDP. Sie findet als Oppositionspartei im Bund derzeit kaum statt, von einigen Auftritten ihres Vorsitzenden Christian Lindner abgesehen.
Fazit: Schon vor dem AfD-Parteitag im Juni könnte sich Parteichef Lucke zum Alleinherrscher ausgerufen haben. Mit stärkenden Mitgliederentscheiden haben schon Angela Merkel (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) positive Erfahrungen gemacht.