Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will den Sozialstaat für die digitale Wirtschaft ausbauen. Im Grünbuch „Arbeiten 4.0“ geht sie davon aus, dass künftig viele Vollzeitstellen in computerisierte Jobs für Soloselbständige umgewandelt werden. Das wachsende Heer von Clickworkern könnte das Prekariat von morgen sein: schlecht bezahlt, ohne betriebliche Mitbestimmung und mit schlechter Alters- und Krankenversorgung.
Die Arbeitgeberverbände teilen die Sorgen der Arbeitsministerin. Wenn die Zahl der Beitragszahler schrumpft, weil viele in prekäre Scheinselbständigkeiten abgedrängt werden, kommen die Sozialkassen in Not und es steigen die Steuerlasten für die heimische Wirtschaft. Die Antworten der Arbeitsministerin sind allerdings altbacken.
Ein Versorgungswerk für Crowdworker soll deren Altersvorsorge sichern. Die Versorgungswerke der (gutverdienenden) Ärzte und Juristen befinden sich allerdings seit längerem in Schieflage. Noch weniger dürfte das Modell ausgerechnet bei schlechtbezahlten Clickworkern funktionieren. Laut Nahles „müssen gegebenenfalls steuerfinanzierte Leistungen für die notwendige Existenzsicherung sorgen“. Die Unternehmerverbände befürchten, dass der Steuerzahler die Geschäftsmodelle der Digitalwirtschaft subventionieren soll.
Bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit schwebt Nahles vor, Rechte zur Familienteilzeit einzuführen. Das geht allerdings am eigentlichen Problem der digitalen Wirtschaft vorbei: der Belastung durch entgrenzte Arbeitszeiten und jederzeitige Rufbereitschaft.
Damit die Arbeitnehmer beim digitalen Strukturwandel mitkommen, soll eine Bundesagentur für Qualifizierung geschaffen werden. Die neue Behörde käme zur Unzahl bestehender Behörden – etwa das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) – hinzu und dürfte ähnlich erfolgreich agieren.
Fazit: Nahles reagiert auf die Digitalisierung mit dem Ausbau altbekannter Strukturen des Sozialstaats. Das lässt erwarten, dass die Sozialausgaben steigen, ohne dass die Probleme gelöst werden.