Die Bürger in den fünf größten EU-Staaten haben höchst unterschiedliche Erwartungen an die EU-Politik für ihre jeweiligen Länder. Das ist das zentrale Ergebnis des Deutschland-Berichts des Eurobarometers. Dies ist eine Umfrage, anhand derer die EU-Kommission die öffentliche Meinung in den Mitgliedsstaaten zu erfassen versucht. Die Umfrage zeigt, dass die Deutschen gänzlich andere Zielvorstellungen an die EU haben als Franzosen, Briten, Italiener und Spanier. So sind für Deutsche insbesondere Inflation (25% der Befragten) und Staatsschulden (23% der Befragten) die drängendsten Probleme, um die sich die EU kümmern sollte. Den Bürgern in Frankreich, Spanien, Italien und UK geht es dagegen vor allem um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in ihren Ländern. Die Situation der öffentlichen Finanzen ist für sie nachrangig. Als größte Probleme innerhalb der EU identifizieren die Deutschen ebenfalls die öffentlichen Finanzen (43%). Erst dann folgen die Wirtschaftslage und die Arbeitslosigkeit. In den anderen Ländern ist die Prioritätensetzung erneut absolut konträr. So meint nur jeder fünfte Spanier und lediglich 14% der Italiener, dass die EU primär ein Staatsschuldenproblem hat. Einigkeit gibt es allerdings bei der Frage, ob die EU-Staaten künftig enger zusammenarbeiten müssen, um die Wirtschaftskrise zu bewältigen. In allen Ländern beantworteten dies 90 Prozent mit Ja. Erstaunlich ist auch das Ergebnis der Umfrage zur Akzeptanz des Euro. Denn auch wenn die Medien häufig das Gegenteil suggerieren – in Deutschland gibt es europaweit die höchste Zustimmung zum Euro. 71% aller befragten Deutschen wollen den Euro behalten. In Spanien, Frankreich und Italien sind es rund 50% der Befragten. Die Briten dagegen lieben ihr Pfund: Lediglich 19% der Briten sprechen sich für den Euro aus. Das ist der schlechteste Wert aller EU-Staaten.
Fazit: Die divergierenden Erwartungen in den fünf größten EU-Staaten sind der Grund für das Problem Brüssels, eine gemeinsame EU-Politik zu machen. In den konträren Vorstellungen liegt auch der Grund, warum die EU-Länder in der Krisenpolitik auch künftig nicht näher zusammenrücken werden. Die unterschiedlichen Ziele dürften auch zum Akzeptanzproblem der gesamteuropäischen Spitzenkandiaten werden: Der Kontinent spricht eben noch nicht mit einer Stimme und auch nicht in einer Sprache.