Gazprom hat wie angekündigt am Donnerstag wieder mit der Lieferung von Gas nach Deutschland begonnen. Auch Österreich und Italien werden wieder im Umfang wie vor der Nordstream-Wartung bedient. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte bereits am Mittwoch erklärt, dass "Gazprom seine Verpflichtungen stets erfüllt hat und gewillt ist, weiterhin alle Lieferverpflichtungen zu erfüllen."
Lieferumfang entspricht den Orders
Die Lieferung von derzeit nur 30% des möglichen Volumens von Nordstream 1 ist zu relativieren. Vor der Wartung war Nordstream 1 noch mit 40% des Liefermaximums ausgelastet. Der Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller bestätigte aber, dass genau so viel Gas durch die Leitung fließt, wie "die Unternehmen geordert haben."
Ein Blick auf die aktuellen Füllstände der deutschen Gasspeicher zeigt ebenfalls, dass derzeit kein Grund zur Panik besteht. Im langjährigen Durchschnitt von 2011 - 2019 beträgt der Füllstand Mitte Juli etwa 63%. Aktuell liegt der Füllstand der deutschen Gasspeicher bei 62%. Bis April lag der Füllstand deutlich niedriger als im langjährigen Mittel. Seither wurden die Speicher mit zunehmender Geschwindigkeit gefüllt.
Versorger müssen jetzt einkaufen
In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die Speicher wie in den vergangenen Jahren befüllt werden. Der Betreiber des größten deutschen Gas-Speichers in Rehden ist jedenfalls zuversichtlich, dass der Speicher bis zum Winter gut aufgefüllt werden wird. Bisher seien "keine Auswirkungen des Nordstream-Stillstandes festzustellen."
Die Versorger sind jetzt allerdings in der Pflicht, Gas zu ordern. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) erklärte: „Die Wiederaufnahme des Betriebs von Nord Stream 1 ist auf den ersten Blick ein gutes Signal." Er legte aber auch nach: "Putin setzt Gas als Waffe in seinem Wirtschaftskrieg ein." Wie diese Aussage zur Position von Netzagentur-Chef Müller passt, dass so viel geliefert wird, wie bestellt, konnte der VKU gegenüber FUCHSBRIEFE bis zum Redaktionsschluss nicht erklären.
Gaspreis fällt
Aber auch der Gaspreis spricht dafür, dass die Speicher weiter befüllt werden. Nach der Wiederaufnahme der Gaslieferung ging der Preis um 7,7% zurück. Das wird es den Versorgern erleichtern, weitere Gasmengen zu ordern, um für den Winter vorzusorgen. Viele Versorger haben lange vor dem Kriegsbeginn auf geringere Gaspreise spekuliert und mussten dann den hohen Preisen hinterher laufen, die sie jetzt natürlich auch an die Kunden weitergeben.
Vor diesem Hintergrund erscheinen aber auch die finanziellen Probleme mancher Versorger in einem anderen Licht. Denn sie haben kurzfristig am Spotmarkt eingekauft, aber langfristige Verträge mit Abnehmern (FB vom 4.11.21). Das war lange ein einträgliches Geschäft. Mit dem Krieg ist die Kalkulation aber komplett gekippt. Das erklärt auch die VKU-Forderung, auch über kommunalen Versorgern einen staatlichen Schutzschirm aufzuspannen.